Kultur: Mustafa Sandal
Diese Woche auf Platz 7 mit: „Isyankar“
Das Video lügt. Man sieht einen jungen Mann aus Köln in Istanbul ankommen. Er steigt am Flughafen ins Taxi und fährt durch das Straßengewirr ins Studio, um einen anderen jungen Mann zu treffen. Dann sitzen die beiden zusammen vor Monitoren und Mischpulten, tauschen angeregt Ideen aus und basteln einen Song.
Tatsächlich, sagt der junge Mann aus Köln, habe er den Song von der Plattenfirma zugeschickt bekommen. Dann habe er seinen Text dazu geschrieben, gesungen und das Stück zurückgeschickt. Zum ersten Mal begegnet sind sich die Sänger aus Köln und Istanbul beim Videodreh. Die Produktionsbedingungen im Musikgeschäft sind eben manchmal prosaisch.
Der Mann aus Köln heißt Tilmann Otto, besser bekannt unter seinem Künstlernamen: Gentleman. Nicht genug, dass er fließend jamaikanisches Patois spricht. Er hat auf seinen Alben auch jamaikanische Stars wie Bounty Killer zu Gast. Seine Songs laufen im jamaikanischen Radio, er tritt dort bei großen Festivals auf.
Der Mann aus Istanbul heißt Mustafa Sandal. Sandal hat in den USA, der Schweiz und London studiert. Er wurde zunächst als Produzent bekannt, eine Art türkischer Dieter Bohlen, der reihenweise Erfolge für andere produzierte, ehe er als Sänger hervortrat. Letztes Jahr stand sein Album „Seven“ wochenlang in den deutschen Charts. Ohne übermäßiges Medieninteresse. Vielleicht, weil Sandal nicht zur Vereinnahmung taugt. Er ist nicht der Alibi-Türke zum Kuscheln, sondern ein smarter Geschäftsmann. Mustafa Sandal und Gentleman haben eine Grenze überschritten, die zwischen Reggae und Türk-Pop. Der Text handelt von Love, Respect und wie man sein Leben leben soll. Nicht besonders aussagekräftig, aber der Song steht ja nicht auf der Tagesordnung der Kultusministerkonferenz, sondern in den Charts. Da dürfen Videos lügen. Ralph Geisenhanslüke
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