
© Fine Arts Paris & La Biennale (FAB)
Mut zum Zeitsprung: Die neue Antiquitätenmesse Fine Arts Paris & La Biennale
Ob Badezimmer aus der Zeit des Art déco oder Entwürfe von Karl Lagerfeld für Chloé: Im Grand Palais Éphémère zeigen 110 Kunsthändler ihre Schätze.
Stand:
Während am späten Nachmittag die Schlange für die Kunst- und Antiquitätenmesse FAB vor dem Grand Palais Éphémère immer länger wird, zieht am Stand der Galerie Perrin Fine Art ein 350.000 Euro teures Panorama von 1810 die Blicke auf sich. Die grandiose Aussicht auf die Stadt Paris findet sich dort in Gouache und Aquarell auf Papier gemalt. Das fünf Meter lange Bild stammt vom Landschaftsarchitekten Pierre Prévost, der weitere Panoramen von Amsterdam, London oder Athen anfertigte. Die Eröffnung der Rue de Rivoli war darauf noch nicht abgeschlossen, und entlang der Gärten standen Gebäude, die bald zerstört werden sollten.
Es ist noch nicht das Paris, das einen Maler wie Amedeo Modigliani hundert Jahre später in die Kapitale zog. Die Galerie Autographes des Siècles aus Lyon bietet neben seinen Briefen eine Zeichnung für 75.000 Euro an. Das Frauenporträt von 1916 zeigte Renée Kiesling, die Frau seines Malerfreundes Moise Kisling. Eine ganze Wand füllen hier 50 Zeichnungen von Karl Lagerfeld für eine Kollektion von Chloé. Sie entstanden 1970 und werden für 150.000 Euro angeboten. Die Galerie Benjamin Proust setzt ebenfalls auf Lagerfeld. Sie hat eine spektakuläre Marmorbüste von Elie Nadelman von 1917 im Gepäck, die sich in der Sammlung des Modemachers befand.
Ein Badezimmer für 2 Millionen Euro
Verbindungen wie diese lassen sich viele beim Flanieren durch die stilvoll gestalteten Gänge mit ihren 110 Ständen herstellen, in denen sich auch Chris Dercon als Generaldirektor der Fondation Cartier, Interior-Designer Jacques Grange oder Möbeldesigner Hervé van der Straeten tummeln. Ob letztere wegen des 2,2 Millionen Euro teuren, mit goldenem Mosaikboden und Marmor ausgestatteten Badezimmers gekommen sind, das vom Art-Déco-Meister Armand-Albert Rateau stammt und bei der debütierenden Galerie Anne-Sophie Duval gezeigt wird? Rateau ließ es 1928 für die französisch-amerikanische Familie Dubonnet anfertigen, die Wasserhähne gestaltete er in Form schlanker Vögel, die Lampen stellen Schmetterlinge dar.
Die Pariser FAB findet erst zum zweiten Mal statt, aber wie die Messe durch Jahrhunderte und Kategorien surft, ist beachtlich. Was auch daran liegt, dass sie aus der ältesten Messe von Paris, der Biennale des Antiquaires, und der neueren Messe Fine Arts Paris vor einem Jahr als Fine Arts Paris & La Biennale unter dem Akronym FAB hervorgegangen ist. Zu den 20 Sektoren gehören asiatische Kunst ebenso wie Schmuck, seltene Bücher, Wandteppiche oder Stammeskunst. Zum ersten Mal sind die Amerikaner Tenzing Asian Art dabei, spezialisiert auf seltene Himalaya-Kunstobjekte aus der frühen buddhistischen Zeit Kaschmirs – eine Rarität.
Die Galerie Ludorff aus Düsseldorf nimmt erstmals teil
Der omnipräsente Mut zu Zeitsprüngen lässt sich bei Jacques de La Béraudière bestens studieren, der ein Gemälde von A.R. Penck auf eine surrealistische Komposition von Magritte und Bronzen von Germaine Richier treffen lässt. Mit antiken Parkettböden und einem Kronleuchter voller echter Kristalle setzt der Stand von Benjamin Steinitz wie gewohnt Maßstäbe in der verkaufsfördernden Prachtentfaltung. „Fabulous Women“ findet man am Stand der Pariser Debütanten Loeve & Co, nur eine von vielen Galerien, die dem Trend folgt, vergessenen Künstlerinnen aus der kunsthistorischen Versenkung zu helfen.
Geometrische Stoffstudien von Sonia Delaunay aus Privatsammlungen gesellen sich zu einer Serie von Aquarellen der Surrealistin Leonor Fini, die auf 35.000 Euro pro Stück beziffert sind. Auf einem der erotischen Motive bereiteten sich ein Mann und eine Frau Rücken an Rücken auf eine Begegnung vor. Die Dritte im Frauenbund ist Dora Maar, die sich ihr Leben lang schwertat, neben ihrem zeitweiligen Liebhaber Picasso zu bestehen. Von ihr sind abstrakte Landschaften in Rottönen aus dem Spätwerk zu sehen. Dieses Trio hätte auch Lotte Laserstein erweitern können. Die Düsseldorfer Galerie Ludorff, zum ersten Mal auf der FAB, bietet für 59.000 Euro das „Porträt einer Dame mit Hut und Pelzmantel“ von 1948 in direkter Nähe zu einem Matisse für 385.000 Euro an.
Die Messe will auf 130 Aussteller wachsen
Die Pariser Galerie De Bayser setzt ebenfalls auf eine nur Spezialisten bekannte Porträtmalerin. Die 1762 in Warschau geborene Anna Rajecka malte vor allem Mitglieder des polnischen Hofes. Nach Übersiedlung und Heirat in Paris schuf sie Porträts französischer Aristokraten. Eines von ihnen in blauen Pastelltönen verkaufte sich gleich in den ersten Stunden. Louis de Bayser, Präsident der FAB Paris, zeigt sich zufrieden. „Im Vergleich zur letzten Ausgabe im Carrousel du Louvre haben wir jetzt ein Viertel mehr Aussteller. Um dieses Wachstum zu befeuern, bemühen wir uns um ausländische Galerien, die bisher ein Drittel der Händler ausmachen.“
Einer von ihnen ist der Wiener Florian Kolhammer. Der Galerie gelang eine unerwartete Überraschung. Sie legt den Schwerpunkt auf Georg Klimt, Gustav Klimts außerhalb Österreichs kaum bekannten Bruder und führenden Metallbildhauer. Gemeinsam mit anderen Künstlern gründete er 1897 die „Wiener Secession“. Eine motivische Ähnlichkeit zum Werk seines Bruders lässt sich nicht leugnen. 2024 wird die FAB in das Grand Palais umziehen, das nach einigen notwendigen Renovierungsarbeiten wiedereröffnet. Bis dahin will man die Teilnehmerzahl auf 130 steigern. Die Schlangen zur Eröffnung möchte man sich da gar nicht mehr ausmalen (bis 26.11.).
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