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Die Autorin bell hooks 1996 in New York.

© Karjean Levine/Getty Images

Nachruf auf die feministische Autorin bell hooks: In einer trennenden Welt wollte sie am Verbindenden festhalten

Bei allem Nachdruck, mit dem sie die Unterdrückung kritisierte, setzte sie stets auf die ausgestreckte Hand. Zum Tod der Autorin und Feministin bell hooks.

In diesem Herbst war der rote Einband in den U-Bahnen und Auslagen der Buchhandlungen allgegenwärtig. 20 Jahre nach dem englischen Original erschien „Alles über Liebe“ von bell hooks auf Deutsch. Was zunächst nach schaler Ratgeberliteratur klingt, ist Essay, Meditation und Autobiografie einer der wichtigsten Denkerinnen des Schwarzen Feminismus.

Es geht hooks darin um weit mehr als romantische Beziehungen. Denn Macht und Liebe seien widerstrebende Prinzipien. Vielmehr zielt sie auf die Bereitschaft, gegenseitiges Wachstum mit Wohlwollen zu begleiten. Einen solidarischen Umgang, der das Verzeihen als zentrales Prinzip setzt und der das Gemeinwohl anderen Belangen voranstellt. Aktueller könnte ein Werk wohl kaum sein.

Als Tochter eines Wachmanns und einer Haushälterin wurde bell hooks 1952 als Gloria Jean Watkins in Hopkinsville, Kentucky geboren. In der Schule erlebte sie noch ethnisch segregierten Unterricht. 1983 promovierte sie an der University of California, lehrte zunächst an der Yale University und am Oberlin College. Ab 1994 war sie als Professorin für Englische Literatur am City College of New York tätig und wechselte 2004 ans Berea College in Kentucky.

Fragen von Feminismus, Antirassismus und Klassismus

Als Pseudonym übernahm sie den Namen ihrer Urgroßmutter Bell Blair Hooks. Die Kleinschreibung wählte sie, weil sie ihre Ideen und nicht ihre Identität im Vordergrund sehen wollte. In über 30 Werken setzte hooks sich mit Fragen von Feminismus, Antirassismus und Klassismus auseinander. Gab denjenigen eine Stimme, die von Machtstrukturen an den gesellschaftlichen Rand gedrängt waren. Marginalität betrachtete sie stets als Ort radikaler Möglichkeiten und Raum des Widerstands.

Der Begriff der „Intersektionalität“ sollte erst Jahre später auftauchen, da beschrieb hooks schon die Gleichzeitigkeit von Diskriminierungsformen, prangerte die ökonomische und sexuelle Ausbeutung Schwarzer Frauen in einer kapitalistischen, patriarchalischen Welt der weißen Vorherrschaft an.

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Bei allem Nachdruck, mit dem sie die Unterdrückung kritisierte, setzte sie stets auf die ausgestreckte Hand. Schon in ihrem ersten Essay „Ain’t I a Woman: Black Women and Feminism“, den sie als Studentin mit 19 Jahren in Stanford konzipierte, skizziert sie einen Feminismus, der darauf abzielt, „für alle Menschen, ob weiblich oder männlich, die Befreiung von sexistischen Rollenmustern, Herrschaft und Unterdrückung zu wollen“.

„Tiefgreifender und positiver Einfluss“

Und in „The Will to Change: Men, Masculinity, and Love“, das in Kürze in deutscher Übersetzung erscheinen soll, betont sie: „Der erste Akt der Gewalt, den das Patriarchat von Männern verlangt, ist nicht die Gewalt gegen Frauen. Stattdessen verlangt das Patriarchat von allen Männern, dass sie sich auf Akte der psychischen Selbstverstümmelung einlassen, dass sie die emotionalen Teile ihrer selbst abtöten“.

„Neue Sichtweisen“ verspricht der Untertitel von „Alles über Liebe“. In einer Welt des Trennenden am Verbindenden festhalten, ohne Angst verschieden sein können. „Wie können wir Menschen für ihr Fehlverhalten zur Rechenschaft ziehen und gleichzeitig mit ihrer Menschlichkeit in Kontakt bleiben, um an ihre Fähigkeit zur Veränderung zu glauben?", fragte hooks einmal im Gespräch mit der Schriftstellerin Maya Angelou.

Am 15. Dezember starb bell hooks im Alter von 69 Jahren umgeben von Familie und Freunden zu Hause in Berea an Nierenversagen. US-Vizepräsidentin Kamala Harris würdigte sie auf Twitter und schrieb, ihr „tiefgreifender und positiver Einfluss wird uns noch über Generationen hinweg begleiten.“

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