Gedenkblatt für Rolf Haufs: Noch einen Augenblick
Ein Gedicht von Rolf Haufs - zur Erinnerung an einen markanten Berliner Dichter.
Mit dem folgenden Gedicht, das wir dem 1984 im Rowohlt Verlag erschienenen Band „Juniabschied“ entnehmen, erinnern wir an den Lyriker Rolf Haufs. Der gebürtige Düsseldorfer starb am Freitag, den 26. Juli 2013, mit 77 Jahren in seiner Wahlheimat Berlin, wo er seit 1960 zu Hause war. Haufs war eine der zurückhaltendsten und zugleich markantesten Figuren der deutschen Nachkriegspoesie. Als Landschaftsdichter, der die Erinnerungen an seine niederrheinische Kindheit und Jugend zusehends gegen preußische Gefilde eintauschte, entwickelte er einen unverwechselbaren Ton zwischen Lakonie und Ironie, in dem seine Bewunderung für Gottfried Benn und Georg Trakl nur von ferne anklang. In jeder Idylle versteckte sich für ihn das Tosen der Geschichte, und in der oft nur knapp aufgerufenen Sinnlichkeit seiner Erinnerungsbilder nistete die Wehmut über das allzu Vergängliche. Im Hanser Verlag, wo ein großer Teil seines Werks erschien, veröffentlichte er zuletzt „Tanzstunde auf See“. dotz
Mit nichts fing ich an und seh ich
In mich hinein so kann ich zeigen
Nichts das nicht schon immer
dagewesen ist
Raum für alles was uns
Bewegt woran wir alle
Sterben werden
Wie sollten wir umkehren können
Kurzes Leben. Was erfinden wir
nicht alles
Wie viele Fluchtwege wieviel Tarnung
Wieviel Täuschung wieviel
woran wir alle
Sterben werden
Einer zitiert die Philosophen
Griechenlands
Einer kennt sich aus in den
Gebäuden der Seele. Wie wärmend
Auf einmal die Ströme. Wie weich
Die Züge in den Gesichtern. Wie nah
Ach wie nah woran wir alle
Sterben werden
Ich stelle mir Felder vor
Bedeckt mit gelben Pflanzen
mit Gräsern
Durch die ich tastend vorwärtsgehe
Da irgendwo müsste Ruhe sein
Ich stelle mir vor ich hätte
Noch einen Augenblick Zeit
zu erzählen
Damit du weißt woran ich
Gestorben bin
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