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One Piece. (L to R) Emily Rudd as Nami, Iñaki Godoy as Monkey D. Luffy, Mackenyu Arata as Roronoa Zoro in season 1 of One Piece. Cr. Casey Crafford/Netflix © 2023

© Casey Crafford/Netflix

„One Piece“ bei Netflix: Cosplay auf hoher See

Die erfolgreichste Manga-Serie aller Zeiten gibt es nun als Realverfilmung bei Netflix. Die Fans waren skeptisch. Zu Recht?

Von Sebastian Seidler

Stand:

Wer mit den ausufernden Welten der Animes, mit „Dragon Ball Z“ und Co. nicht vertraut ist, mag bei dem Namen „One Piece“ womöglich an eine Boygroup denken. Millionen Fans auf der ganzen Welt wissen es besser.

„One Piece“ ist ein Phänomen. Seit 1997 gibt es die Manga-Abenteuer um den Strohhutpiraten Ruffy (hier gespielt von Iñaki Godoy), der seinen Körper wie Gummi dehnen kann und mit seiner Crew aus Freunden nach dem legendären Schatz eines ebenso legendären Piraten sucht. Dabei muss er nicht nur vor den Soldaten der Marine auf der Hut sein. Denn auch unter den Piraten herrscht Zwietracht. Und so gibt es genügend Bösewichter, derer man sich auf spektakuläre Weise entledigen muss.

500 Millionen verkaufte Mangahefte

Die humanistische Pointe ist dabei relativ offensichtlich, aber keineswegs banal: Ruffy möchte ein guter Pirat sein, eine andere, menschlichere Version des ruppigen Seefahrers und Marodeurs verkörpern. Unterschiede werden hier nicht bloß umarmt – sie werden gefeiert und mit lebensbejahender Exzentrik in Szene gesetzt. Vermittelt wird: Sei so wie du bist. Akzeptiere dein Gegenüber. Aber lass dir auch nicht alles gefallen.

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Zur Seite stehen Ruffy unter anderem die gewiefte Piraten-Diebin Nami (Emily Rudd) und der selbstsichere, das Samuraischwert schwingende Roronoa Zoro (Mackenyu). Zunächst wollen die beiden partout nichts mit dem stets optimistischen Fremden zu tun haben, der immerzu von einem eigenen Piratenschiff mit Crew träumt. Weil sie aber ähnliche Ziele verfolgen und sich dabei dieselben Feinde machen, wächst eine loyale und liebenswürdige Truppe zusammen.  

Mit über 500 Millionen verkauften Exemplaren ist „One Piece“ die erfolgreichste Mangaserie aller Zeiten. Hinzu kommt eine Animeserie mit mehr als 1000 Folgen. Vor diesem Hintergrund eine Live-Action-Adaption zu produzieren, ist ein Wagnis – auch, weil die letzten Versuche, beliebte Animes wie „Die Legende von Aang“, „Ghost In A Shell“ oder „Death Note“ als Realverfilmungen neu aufzulegen, bei den Fans überwiegend auf große Ablehnung stießen.

Künstlichkeit ist Konzept

Auch „One Piece“ hat noch vor der Veröffentlichung für Diskussionen in der Anime-Manga-Community gesorgt, moniert wurde vor allem Look: zu sauber, zu hell, zu glatt. Doch die Künstlichkeit ist hier Konzept: Die Kulissen sind immer als solche erkennbar und die Kostüme ohne Patina. Als Zuschauer fühlt man sich in die Welt des Cosplays versetzt – die Serie funktioniert so auch als Einladung zum freien Rollenspiel.

Ist man erstmal über die holprige erste Folge hinaus, in der die Charaktere etwas umständlich eingeführt werden, ergibt sich aus den Bausteinen schließlich eine äußerst harmonische Form filmischer Comic-Erzählung. Mit ihrem erkennbarem Stilwillen, großem Ideenreichtum und schlüssiger Dramaturgie ist die Live-Action-Verfilmung in sich selbst stimmig: Auch Zuschauer:innen ohne popkulturelle „One Piece“-Vorbildung werden sich abgeholt fühlen. Gibt man sich ein wenig Zeit, nimmt man all die Clown- und Vampir-Piraten hin, wird man schnell von dem berührenden Miteinander zwischen Ruffy und seiner Crew mitgerissen.

Trotz aller Anleihen am Superhelden-Genre herrscht hier eine bonbonbunte Erzählanarchie, die für Zuschauer des zunehmend am Reißbrett entworfenen Streaming-Angebots ein freudiges Ereignis ist. Gerade für all jene, die beim Namen „One Piece“ immer noch an eine Boyband denken müssen.    

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