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Konzertkritik: Mit verschrammter Stimme

Es ist eine kleine Sensation, dass The Pogues wieder mit ihrem ursprünglichen Sänger Shane MacGowan in Berlin spielen. Die Tanz- und Sauflieder zur rasanten Begleitung von Bass und Schlagzeug sind geblieben.

"Ist doch schön, dass wir Shane noch einmal erleben können!" sagt ein verzückter alter Pogues-Fan auf der proppenvollen Zitadelle. Eine kleine Sensation ist es tatsächlich, dass die Band aus London, die in den 80ern mit ihrem rauen irischen Folk-Punk Furore machte, nach all den Jahren wieder mit ihrem ursprünglichen Sänger Shane MacGowan in Originalbesetzung in Berlin spielt. Auch dass pünktlich Schlag acht die Band auf der Bühne steht und MacGowan am Mikrofon, ist eine Überraschung, zumal man vom Sänger durchaus anderes gewöhnt ist. Nachdem ihn die Pogues wegen alkohol- und drogenbedingter Unzuverlässigkeiten Anfang der 90er gefeuert hatten, machte er mit neuer Band weiter: "The Popes". 1994 stand die Band auf der Bühne des Huxley's, doch McGowan blieb stundenlang verschollen und die Fans wurden auf eine harte Geduldsprobe gestellt, bis er irgendwann doch noch auftauchte zu einer kläglichen Vorstellung. In einem T-Shirt, auf dem bezeichnenderweise in großen Buchstaben zu lesen war: "Suff".

Den Suff glaubte man dem lallenden MacGowan unbesehen. Auch heute torkelt er wieder – wie es den Anschein hat - schwer alkoholgeschädigt, im lodderigen Anzug mit kalkweißem Gesicht auf die Bühne, lallt unverständliches Zeug, aber singt wieder besser: "I am going, I am going, where streams of whiskey are flowing…" Das hat wieder Biss und klingt ausgelassen fröhlich, wie auch die meisten anderen Tanz- und Sauflieder zur rasanten Begleitung von Bass und Schlagzeug, Akustikgitarre, Akkordeon, Tin Whistle und Banjo. Und trotzdem ist es auch ein Jammer, ein Trauerspiel, mitansehen zu müssen, wie sich ein derart begabter Sänger und Songschreiber, der mit seiner völlig verschrammten Stimme die Zuhörer mit melancholischen Liedern wie "A Pair Of Brown Eyes", dem alten Ewan McColl-Song "Dirty Old Town" oder der knarzigen Ballade "Rainy Night In Soho" immer noch zu Tränen rühren kann, langsam aber sicher zugrunde richtet. Dass man befürchten muss, lange würde der 52-Jährige bei diesem Lebenswandel sicher nicht mehr durchhalten. Also trinken wir und tanzen wir und hören noch einmal die schönen Songs über den "Broad And Majestic Shannon" über "Sal-ly MacLennane", sowie den traditionellen Folksong über das traurige Schicksal des Segelschiffes "The Irish Rover". "Dankeschäihn" sagt Shane nach knappen anderthalb Stunden, und die Fans sind froh und dankbar, dass sie ihn noch einmal sehen konnten.

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