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Ron Wood

© dpa

Hit Parade: The Rolling Stones

Die Neuerungen bei der Charterstellung machens möglich: Die Rolling Stones sind mit ihrer 4-DVD-Box „The Biggest Bang“ diese Woche auf Platz 1. Was die Leute tatsächlich hören zeigt diese Platzierung nicht.

Seit drei Wochen werden die Charts von Media Control nicht mehr nach verkauften Stückzahlen erstellt, sondern nach Einnahmen. Die ursprüngliche Absicht, ein genaueres Abbild des tatsächlichen Verkaufs zu geben, indem man auch Downloads mit einbezieht, scheint sich jedoch ins Gegenteil zu verkehren. Ein Künstler wird mit weniger Exemplaren eines teuren Produkts höher eingestuft, als ein anderer, dessen Musik massenhaft im Internet heruntergeladen wird. Außerdem gibt es erste kuriose Umwälzungen. Vor drei Wochen machte Nelly Furtados Album „Loose“ einen Sprung nach vorn, nachdem eine teurere „Limited Summer Edition“ auf den Markt kam. Nun steigen die Rolling Stones auf Platz eins ein, mit einer 4-DVD-Box, die zwischen 40 und 50 Euro kostet. Das Live-Schaffen der Stones ist umfassend dokumentiert, die Nachfrage normalerweise überschaubar, 2003 erreichte „Four Flicks“, ebenfalls eine Box mit vier DVDs, nur Platz 38.

Die Charts werden künftig den ökonomischen Stellenwert eines Künstlers abbilden, aber nicht, was die Leute tatsächlich hören. Die Gewichtung nach Umsatz lässt außerdem für die Zukunft ahnen, dass die Unterhaltungskonzerne versuchen könnten, einen Titel durch sukzessive Veröffentlichung von Spezial-Editionen länger auf höheren Positionen zu halten. Obendrein: Je kostspieliger eine Luxus-Box, desto älter die Käufer. Früher schienen die Charts wenigstens eine imaginäre Demokratie, weil man hinter Stückzahlen Menschen vermutete, die die Musik hörten. Nun entsprechen sie eher einer Aktienkurve.

Die Stones können nichts für diese Entwicklung. Dennoch sind sie von jeher Propheten der Ökonomisierung. Nur CDs verkaufen brachte ihnen schon lang keine Satisfaction mehr. Die „Bigger Bang Tour“ war mit Einnahmen von 100 Millionen Dollar die bislang größte Unternehmung der Popgeschichte. Zumindest finanziell. Immerhin, auch die Stammkundschaft der Stones sitzt vorm Rechner. „Paint It Black“ steht seit drei Wochen in den Single-Charts (Platz 59). Allein durch Downloads.

Ralph Geisenhanslüke

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