zum Hauptinhalt
Der Binnen-Stern für eine geschlechtergerechte Sprache ist umstritten, taucht aber bereits in amtlichen Veröffentlichungen auf.

© Marijan Murat/dpa

Protest gegen "Gender-Unfug": Das führt nur in neue Sackgassen

Alarmistisch warnt der "Verein Deutsche Sprache" vor dem Gendern. Tatsächlich sollte man darüber streiten, aber nicht so national aufgeladen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

Aus Sorge erheben sie das Wort, um für Wörter zu streiten, für die deutsche Sprache. Einen „Aufruf zum Widerstand“ haben unter anderem Peter Hahne, Kai Diekmann und Hans-Georg Maaßen unterzeichnet, Rüdiger Safranski, Sibylle Lewitscharoff und Judith Herrmann, Monika Maron und Peter Schneider. Allesamt sind sie in Sorge: „um die zunehmenden, durch das Bestreben nach mehr Geschlechtergerechtigkeit motivierten zerstörerischen Eingriffe in die deutsche Sprache“. 

Mehr als 11.000 Unterschriften gesammelt haben sie gegen „lächerliche Sprachgebilde“ aus dem Gefilde der politischen Korrektheit, solche wie „die Studierenden“ oder „die Radfahrenden“. Das helfe keiner Frau. Auch im Grundgesetz sei ja nur vom „Bundeskanzler“ die Rede, und doch gibt es eine Bundeskanzlerin. Daher nun der Appell „an Politiker, Behörden, Firmen, Gewerkschaften, Betriebsräte und Journalisten“: „Setzt die deutsche Sprache gegen diesen Gender-Unfug wieder durch!“

Als Plattform wählten die Appellierenden den „Verein Deutsche Sprache“, 1997 gegründet wider die Immigration des Englischen in Hochschulen und Unternehmen. Dem VDS geht es heute primär um „die Abwehr von Eingriffen in die deutsche Sprache durch politische Organe oder Ämter im Namen insbesondere von Geschlechtergerechtigkeit, politischer Korrektheit“. Bekannte Vereinsmitglieder sind Bastian Sick, Dieter Wedel und Erika Steinbach.

Es gibt auch feministische Kritik am Genderstern

„Abwehr von Eingriffen“, „Aufruf zum Widerstand“ – auffällig ist die Melange aus Alarmismus, Pamphlet und Verschwörungsfantasie. Die bedrohte Sprache dient hier als nationale Chiffre, der Appell will auch gelesen werden als Metapher für die Angst ums Nationale. Es klingt, als seien feindselige und vaterlandslose Behörden dabei, der Bevölkerung ein Orwellsches „Newspeak“ aufzuzwingen – und das befördert nicht die Diskussion, die es braucht.

Zweifel am Genderstern hat sogar die Galionsfigur der feministischen Linguistik Luise F. Pusch, und sagte der taz: „Der Genderstern zerreißt das Wort in drei Teile: männlicher Stamm - Genderstern - weibliche Endung. Damit sind wir Frauen wieder da gelandet, wo wir vor vierzig Jahren angefangen haben. Nur stand damals anstelle des Sterns ein Schrägstrich oder eine Klammer und symbolisierte, dass Frauen die zweite Wahl sind.“ Gegen das tastende bis holprige Gendern lässt sich auch einwenden, dass etwa slawische Sprachen, in denen durchweg gegendert wird, keineswegs dazu geführt haben, Macho-Gesellschaften einzuhegen. Dass Frauen an Professuren kamen oder Ingenieurinnen wurden lag wenn, dann am Sozialismus, weniger an der Menge weiblicher Endungen. Über all das lässt sich debattieren, Sprache wandelt sich ununterbrochen. Doch das Winken mit der Nationalflagge führt nur in neue Sackgassen.

Zur Startseite