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Kultur: Rule Britannia!

Das Verhältnis Simon Rattles zur Musik seiner Heimat ist von einer auffälligen Diskrepanz geprägt: Auf der einen Seite setzt sich der Philharmoniker-Chef stark für die tonangebenden Vertreter der aktuellen britischen Komponistenszene wie Thomas Adès, George Benjamin und Mark-Anthony Turnage ein. Auf der anderen Seite scheint er geradezu davor zurückzuscheuen, die großen Sinfoniker des Inselreiches aufs Programm zu setzen: Die Namen Edward Elgar, Ralph Vaughan Williams oder Arnold Bax tauchen in den Philharmoniker-Programmen entweder gar nicht oder nur alle Jubeljahre einmal auf – von weniger bekannten Persönlichkeiten wie John Foulds ganz zu schweigen, dessen von indischer Musik inspirierte „Mantras“ auf CD eine der bemerkenswertesten Entdeckungen der letzten Jahre waren.

Das Verhältnis Simon Rattles zur Musik seiner Heimat ist von einer auffälligen Diskrepanz geprägt: Auf der einen Seite setzt sich der Philharmoniker-Chef stark für die tonangebenden Vertreter der aktuellen britischen Komponistenszene wie Thomas Adès, George Benjamin und Mark-Anthony Turnage ein. Auf der anderen Seite scheint er geradezu davor zurückzuscheuen, die großen Sinfoniker des Inselreiches aufs Programm zu setzen: Die Namen Edward Elgar, Ralph Vaughan Williams oder Arnold Bax tauchen in den Philharmoniker-Programmen entweder gar nicht oder nur alle Jubeljahre einmal auf – von weniger bekannten Persönlichkeiten wie John Foulds ganz zu schweigen, dessen von indischer Musik inspirierte „Mantras“ auf CD eine der bemerkenswertesten Entdeckungen der letzten Jahre waren.

Bedauerlich ist das schon, denn diese herrlich nachromantisch wuchernden Riesensinfonien sind erstens auf dem Kontinent immer noch viel zu wenig bekannt und zweitens in ihrer orchestralen Opulenz feinstes Philharmoniker-Futter. Drittens täte es dieser Musik vermutlich sogar gut, wenn ein Emphatiker wie Rattle Licht und Bewegung in ihre bisweilen vergrübelten Schattenzonen bringen würde. Sir Simon, übernehmen Sie! Ihre Heimat wird es Ihnen danken und das Berliner Publikum hoffentlich auch.

Während wir Rattle und seinen orchestralen Mitentscheidern also noch ein wenig Bedenkzeit einräumen, trösten wir uns zwischenzeitlich bei seinem Landsmann Richard Hickox , der in dieser Woche mit einem rein britischen Programm beim Konzerthausorchester gastiert. Für eine nachhaltige Initiative ist das natürlich kein Ersatz, dennoch darf man getrost auf die Kompetenz von Maestro Hickox bauen: Der 58-Jährige, dessen Interesse ähnlich wie das Rattles von Barock und historischer Aufführungspraxis bis zu zeitgenössischer Musik reicht, ist ein Dirigent, der auch mit stilunkundigen Orchestern schon in kurzer Zeit erstaunliche Ergebnisse erzielen kann. Vor Jahren bewies er das beispielsweise mit dem Orchester der Deutschen Oper an Elgars erster Sinfonie , und ebendieses elegant-melancholische Stück steht von Donnerstag bis Samstag auch im Konzerthaus auf dem Programm. Nun ist der Elgar-Erstling noch relativ bekannt und gehört neben den Enigma-Variationen zu den wenigen Werken britischer Sinfonik, die einen Platz im Repertoire erobert haben.

Der Rest des Abends hat umso größeren Raritätenwert: Die sinfonische Dichtung „Enter Spring“ des 1941 verstorbenen Frank Bridge dürfte noch nie in Berlin präsentiert worden sein, und auch die Kantate „Phädra“, das letzte größere Werk Benjamin Brittens , ist kaum jemals zu hören. Den Solopart übernimmt übrigens Richard Hickox’ Gemahlin, die charismatische Mezzosopranistin Pamela Helen Stephen.

Jörg Königsdorf

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