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Kultur: Safranreis, Miesmuscheln und Oliven

Vorgeschmack auf eine kulinarische Documenta

480 Tage vor Eröffnung der Documenta 12 haben der künstlerische Leiter Roger M. Buergel und seine Co-Kuratorin (und Ehefrau) Ruth Noack gestern in Kassel das Profil des 100-Tage-Unternehmens grob skizziert. Werke von „allerhöchstens“ hundert internationalen Künstlern sollen im Sommer 2007 ausgestellt werden. „In Auseinandersetzung mit anderen Kunstwerken wollen wir ihnen eine neue Geschichte, einen neuen Kontext geben,“ so Ruth Noack. Erklärtes Ziel der Documenta-Macher ist die Kommunikation im Zusammenklang mit allen Künstlern.

So hat schon jetzt im Kasseler Kulturzentrum Schlachthof eine Gesprächsrunde mit 45 Teilnehmern begonnen, die versucht, „die Documenta zu denken“. Der brasilianische Künstler Ricardo Basbaum erarbeitet mit Bürgern der Stadt Skulpturen, die vorübergehend mit nach Hause genommen werden dürfen. Basbaum will so die künstlerischen Grenzen von Gemeinschaftsprojekten ausloten. „Uns war von Anfang an klar, dass diese Documenta nur funktionieren würde, wenn sie auch lokal funktioniert,“ so Chefdenker Buergel: „wenn die Menschen hier begreifen, dass ihre Probleme den Problemen anderer in ganz Europa gleichen – zwischen Migration und Integration, Leitbildgedanken und dem Clash der Kulturen.“ Kunst ist für ihn das ideale Medium, solche Fragen zu diskutieren.

Drei Leitmotive hat die am 16. Juni 2007 beginnende Documenta: „Ist die Moderne unsere Antike?“, „Was ist das bloße Leben?“ und „Was tun?“. Die Schau soll jedoch nicht durch Theorien überfrachtet werden. „Wir wollen den Kunstwerken ihre Autorität belassen, weil sich diese bei zu vielem Papier sonst in Richtung Text verschiebt,“ so Ruth Noack. Was zunächst als Gag erschien, die Vorstellung des ersten und letzten Künstlers auf der Liste, erwies sich als exemplarisch. A wie Adrian: Buergel zeigte ein Dia, auf dem „weiße Schokolade mit schwarzen Oliven, Algenkrokant und Safransojareis mit wilden Miesmuscheln“ zu sehen ist. Der spanische Starkoch Ferran Adria hat sich bereit erklärt, die Documenta mit anzurichten: „Weil er Grenzerfahrungen zwischen Materiellem und Immateriellem außerhalb der Kunst wie ein Künstler auslotet“ (Buergel). Und Z wie Artur Zmiljewski: ergreifend das Hörstück „Gluchy Bach“ des polnischen Künstlers, eine von Gehörlosen und Schwerhörigen einstudierte Bach-Kantate. Das Logo der Documenta 12? Zeigt unprätentiös ein Dutzend von Zählstrichen.

Claudia Herstatt

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