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Leipziger Buchmesse: Serbien stellt sich vor

Serbien ist das Schwerpunktland der Leipziger Buchmesse auf. Es gibt viele spannende Neuerscheinungen und Übersetzungen aus dem Balkanstaat

Von Gregor Dotzauer

Große Literatur in kleinen Sprachen braucht größere Sprachen, um international Gehör zu finden. Das Deutsche ist für das Serbische in dieser Hinsicht schon fast eine Weltsprache. Das bisschen, das ihm dazu fehlt, wird wettgemacht durch die Vernetzung, die europaweit agierende Übersetzungsinitiativen wie Traduki oder die Robert-Bosch-Stiftung mit ihrem osteuropäischen Engagement seit Jahren betreiben. Die Öffentlichkeit erfährt davon nun auch durch die Leipziger Buchmesse. Vom 17. bis 20. März tritt Serbien dort als Schwerpunktland auf – eingebettet ins größte Balkanprogramm, das Leipzig je ausgerichtet hat.

Über 30 erstmals übersetzte serbische Titel werben dafür, den Blick jenseits von Berühmtheiten wie Ivo Andric („Die Brücke über die Drina“ erscheint neu übersetzt), Danilo Kiš oder Aleksandar Tišma auf die jüngere Generation zu richten. Auch Dragan Velikic, David Albahari, Bora Cosic oder Biljana Srbljanovic mögen hierzulande ihr Publikum haben. Aber wer kennt Dragan Aleksic, Jelena Lengold, Vladimir Pistalo, Svetislav Basara oder Dragana Mladenovic?

Bei einer Berliner Pressekonferenz in Anwesenheit des serbischen Kulturministers Nebojša Bradic wurde am Dienstag das reichhaltige Programm vorgestellt, mit dem sich Serbien in Leipzig präsentiert. Auch die eigens eingerichtete Website www.literatur.rs ist nun in Betrieb – alles ein Versuch, das Land aus seiner langjährigen politischen und kulturellen Isolation herauszuführen.

Der Weg zum Messeauftritt verlief nicht ohne Spannungen. Ihren deutlichsten Ausdruck fanden sie in der Demission von Dragoslav Dedovic, der zum Koordinator zwischen Ministerium und Messe berufen worden war. Im Dezember warf der Autor und frühere Referent der Heinrich-Böll-Stiftung in Belgrad den Bettel hin, frustriert darüber, dass er die Themen, die er auch mit dem Serbienheft der „Neuen Rundschau“ (siehe Tagesspiegel vom 30.10.2010) klug gesetzt hatte, nicht gegen den versammelten bürokratischen und nepotistischen Starrsinn durchsetzen konnte. An seine Stelle ist mit der österreichischen Slawistin Elena Messner eine reine Pressekoordinatorin getreten.

Man muss sich indes keine Sorgen machen, dass damit ein alter serbischer Chauvinismus Einzug gehalten hätte. Schon viele der offiziell entsandten Autoren – und vor allem der starken Autorinnen – denken freier, als es sich kontrollieren lässt. Bunt geht es auch dadurch zu, dass bei den über 100 Veranstaltungen mit mehr als 70 Schriftstellern auch Gäste aus zehn anderen südosteuropäischen Ländern vertreten sind. Zum ersten Mal ist auch Albanien mit dabei.

Es geht dabei um eine Zukunft nach dem Zerfall Jugoslawiens, die noch lange nicht begonnen hat, und um eine jüngste Vergangenheit, die nicht vergehen will. „Das Wagnis der Erinnerung“ einzugehen, von dem ein südosteuropäisches Themenheft der „Horen“ spricht, ist die Voraussetzung dafür, mit beidem fertig zu werden.

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