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Kultur: Skizzen aus Stein

Steinerne Torsi, marmorne Körper, die aus der Zeit gefallen scheinen, ruhen vom Sonnenlicht beschienen auf ihren Sockeln. Vereinzelt oder in Gruppen stehen sie in sich versunken da und harren der Dinge, die da kommen mögen.

Steinerne Torsi, marmorne Körper, die aus der Zeit gefallen scheinen, ruhen vom Sonnenlicht beschienen auf ihren Sockeln. Vereinzelt oder in Gruppen stehen sie in sich versunken da und harren der Dinge, die da kommen mögen. Wie die verkleinerte Version eines klassisch-musealen Antikensaals erscheint in diesen Wochen der Hauptraum der Galerie refugium in der Auguststraße. Und dies nicht etwa, weil hier unverhoffter Weise die Zeugnisse stiller Einfalt und edler Größe aus dem Martin-Gropius-Bau Zuflucht im Privatquartier genommen hätten. Nein, der so einnehmend ausgestellte Gegenstand ist höchst unklassisch und ganz und gar gegenwärtig.

Zu sehen sind Skulpturen und Zeichnungen von Werner Stötzer, Arbeiten, die mit wenigen Ausnahmen in den letzten zwei Jahre entstanden sind. Deutlich liegt hierbei das Hauptinteresse der Ausstellung auf der Präsentation des bildhauerischen Werkes, das durch einige Kohle- und Tuschzeichnungen - allesamt Aktfiguren - flankiert wird. Die rund dreißig Arbeiten des Künstlers, der im vergangenen Jahr seinen 70. Geburtstag feierte, sind eindrucksvoller Reflex der ungebrochenen Produktivität und kreativen Energie Stötzers.

Zugleich manifestiert sich in diesen aktuellen Zeugnissen eine der hervorstechendsten Qualitäten des Künstlers, eine Art zweckbestimmte Beharrlichkeit in Gestalt eines ausgeprägten Tradionsbewusstseins. Eingereiht in die lange Linie figurativer Bildhauerei hat Stötzer Zeit seines Lebens die Auseinandersetzung mit der menschlichen Figur zu seinem Hauptanliegen gemacht. Die fragmentarische Form führt er dabei bisweilen so weit, dass die Körperkontur nur in skizzenhaften Spuren aus dem Stein geschält wird, die Gestalt mehr zu ahnen, denn zu greifen ist. Bei anderen Blöcken bleiben Reste der Zeichenkohle auf der Skulpturenoberfläche als bewusst gesetzte Arbeitsspuren erhalten. Aber auch ohne diese äußeren Kennzeichen tragen die Figuren ihr "in den Stein Eingeschriebensein" wie eine weithin lesbare Signatur.

Für die hier präsentierten Arbeiten gilt dies sowohl in Bezug auf kleinere, fragilere Skulpturen, wie auch für die gravitätische "Prinzessinengruppe" nach Schadow (Preise auf Anfrage). Was in der Vergangenheit auch immer für kunsttheoretische Tageslosungen - ob zu DDR-Zeiten oder danach - ausgegeben wurde - Stötzer hat sie geflissentlich ignoriert. Das eigene Tun, sowie die Arbeit von Kollegen und Freunden hingegen hat er stets auch schriftlich reflektiert. Anlässlich der Finissage am 19. April wird ein von Bernd Heise und Matthias Flügge herausgegebener Band Texte von Werner Stötzer aus den vergangenen 40 Jahren präsentieren.

Jan-Philipp Frühsorge

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