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Kultur: So weit die Füße tragen

über Langstreckenläufer und Ortswechsler Haben Sie einmal beachtet, wie Sie sich durch die Stadt bewegen? Ich meine zu Fuß.

über Langstreckenläufer und Ortswechsler Haben Sie einmal beachtet, wie Sie sich durch die Stadt bewegen? Ich meine zu Fuß. Flanieren, so wie Baudelaire in den Pariser Passagen des 19. Jahrhunderts, ist kaum noch möglich. Auch die Spaziergänge, die Franz Hessel, Baudelaires Bruder im Geiste, in den zwanziger Jahren durch Berlin unternahm, lassen sich kaum noch nachvollziehen. Urbane Strukturen ändern sich eben. Davon konnte der große Geher Bodo Morshäuser ein Lied singen, als er auf seinen Stadtwanderungen in den Achtzigern und Neunzigern die Zeichen Berlins las und sie beschrieb.

Ja, gut: Joggen im Grunewald oder um den Müggelsee. Doch das ist nur eine Light-Version des Laufens, wovon Günter Herburger eine Menge zu berichten weiß. Herburger nämlich ist der Läufer unter den Schreibern. Und was für einer! Er kennt Marathon-Strecken auf allen Kontinenten, das Hundertkilometerrennen in der französischen Provinz Sarthe und seine Trainingsstrecken im heimatlichen Allgäu. Und er hat hochliterarische Bücher wie „Lauf und Wahn“ oder „Traum und Bahn“ (Luchterhand) über seine Obsession verfasst. Denn beim Langstreckenlauf geht es in die Grenzbereiche, genau wie beim Schreiben. Da werden Erinnerungen und Fantasien freigesetzt, Räusche produziert. Am 24. Januar (20 Uhr) kommt Herburger ins Brecht-Haus – gelaufen.

Ob sie eine Läuferin war, ist von der verschwiegenen Frau Lizzy Kohlmann nicht überliefert. Doch allein ihre Wohnorte bezeugen eine Ruhelosigkeit: Die aus Wien stammende Jüdin kam über Ungarn nach Paris, London und Berlin. In einer ihrer drei Ehen war sie mit Kim Philby verheiratet. Ein „Kapitel aus meinem Leben“ hat sie die Zeit mit dem berühmten britischen Doppelagenten in sowjetischen Diensten genannt. Genau so heißt auch das Buch (Hanser), das die Schriftstellerin Barbara Honigmann über ihre geheimnisumwobene Mutter geschrieben hat. Honigmann, selbst eine versierte Ortswechslerin, verließ 1984 die DDR, um in der großen jüdischen Gemeinde von Straßburg eine neue Heimat zu finden. Heute kommt sie nach Berlin, um im Brecht-Haus zu lesen (20 Uhr).

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