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András Schiff

© Foto: Priska Ketterer

András Schiff im Kammermusiksaal: Sonaten-Spektakel

Weltgebilde: András Schiff spielt die jeweils drittletzten Klaviersonaten von Haydn, Beethoven, Mozart und Schubert im Kammermusiksaal.

Die Erwartungen an Sir András Schiffs Klavierabend mit späten Sonaten von Haydn, Beethoven, Mozart und Schubert sind hoch, die Freude der Hörerinnen und Hörer an der gleichsam doppelten Kunst, die er vergegenwärtigen wird (Kompositionskunst, Kunst des Klavierspiels), ist deutlich zu spüren. Was sonst fordert auch so zur gedanklichen Versenkung auf wie die klassische Klaviersonate mit ihrer Lust an tönender Form? Wo sonst als im Schutz des Klavierabends mit seinem Licht auf eine Person lässt sich zugleich solche Virtuosität erleben? Im Zirkus vielleicht, aber dieser Vergleich hinkt dann doch ein wenig.

Tatsächlich erfüllt und übertrifft Sir András, der im philharmonischen Kammermusiksaal drittletzte Sonaten spielt (nächstes Konzert mit vorletzten Sonaten am 3. Februar) die hohen Erwartungen, nicht durchgängig zwar, aber doch so, dass man das Konzert wie geläutert verlässt. Zum einen darf man nämlich finden, dass es gegenüber Mozart recht unverfroren ist, seine Sonate C-Dur „für anfänger“ (so das Mozart-Verzeichnis) zwischen Beethovens op. 109 mit ihrem tiefen und wunderbar schönen Variationensatz und Schuberts heftiger c-Moll-Sonate D 958 zu platzieren. Das Stück verliert durch den Zwang der Programmierung noch mehr, als es im Laufe der Rezeptionsgeschichte ohnehin schon verloren hat, wie überhaupt Schiff sich mit dieser Musik nicht überanstrengt, die Terzen im Rondo ausschüttet wie ein selbstgefälliger alter Nikolaus.

András Schiff mit zarter Anschlagskultur

Auch darf man sich nicht wundern über seine Art des Fingerspiels – das „cantabile“-Thema bei Beethoven, das zu den herrlichsten Melodien überhaupt gehört, bezwingt er mehr als es singen zu lassen. Andererseits muss das erst einmal jemand auf sich nehmen, das bitterschwere Gepäck der späten Sonatenkunst, und eine Spur Galligkeit darf da vielleicht nicht fehlen. Außerdem gibt Schiff einen wunderbaren Haydn; die feinen Quartstürze gleich zu Beginn von dessen Sonate Nr. 60 spielt er mit ausgestrecktem Zeigefinger, er folgt dem Motiv durch alle heiter-krausen Bearbeitungen, der Saal wiederum folgt mit angehaltenem Atem, ein Spektakel auf allerengstem Raum.

Bleiben Beethovens und Schuberts vorletzte Sonaten: beides Weltgebilde, beide zu groß, um sie versprachlichen zu können, zumal in Schiffs Interpretation. Er führt besonders die Schubert-Sonate auf eine Weise vor Augen und Ohren, die trotz seiner Reserve vor zu großer Körperlichkeit, trotz seines Argwohns vor einer zarten, zauberischen Anschlagskultur zum Erlebnis wird.

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