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Der Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie.

© Heribert Schindler

Spectrum Concerts im Kammermusiksaal: Her mit der Triangel!

Symphonik vom Feinsten: Die Spectrum Concerts eröffnen im Kammermusiksaal mit Tschaikowsky und Schostakowitsch.

Es gibt diese nervigen Menschen, die alles zweimal sagen, weil sie denken, es hört sie sonst keiner. Auch Tschaikowsky macht das gerne. Bei seinem a-Moll-Klaviertrio op. 50 kann man sich im eröffnenden „Pezzo elegiac“ kaum retten vor wiederholten Seufzermotiven; im zweiten Satz mit seinen ausufernden Variationen wird es nicht besser. Überreden statt überzeugen: Man fühlt sich gegängelt. Wenn da nicht die vorzüglichen Musiker von Spectrum Concerts wären: Boris Brovtsyn (Geige), Jens Peter Maintz (Cello) und Eldar Nebolsin (Klavier) reißen den symphonischen Horizont des elegischen Kammermusikwerks auf. Und wenn es zum Schluss nicht diesen erstaunlichen Trauermarsch gäbe. Am Ende tupft das Klavier nur noch eine tiefe Quart, langsam, langsamer – die Maschine steht still.

Womit wir bei Schostakowitsch wären. Nach der Pause wird dieser Eröffnungsabend zur 31. Saison der Spectrum Concerts im Kammermusiksaal zum Ereignis. Schostakowitschs 15. Symphonie erklingt in der Bearbeitung für Klaviertrio und zwei Schlagzeuger: Ni Fan und Lukas Böhm bespielen 13 Instrumente, auswendig. Her mit der Triangel, möchte man ihnen zurufen. Denn der Witz und die Todesnähe, die Liebe zur Spätromantik bei gleichzeitiger Sehnsucht nach dem endgültigen Ende der Tonalität, ja die Kühnheit dieses Spätwerks mit seinen apart aufscheinenden Zwölfton-Melodien tritt offen zutage.

Die Reihe kämpft mit Geldsorgen

Schostakowitsch war 1971 bereits schwerkrank, er entkernt das Symphonische, wie zum allerletzten Mal. Die Kammermusikversion kehrt den Collagecharakter hervor, das Knöcherne, Jenseitige. Und die Ironie all der keineswegs versteckten Zitate, von Rossini über Mahler bis zu Wagners „Tristan“. Plötzlich klingt die Geige wie ein Akkordeon, Choralzeilen erscheinen chromatisch zerquetscht. Die Musik wandelt sich zur Pantomime, zur eigenen Parodie. Und der ähnlich wie bei Tschaikowksy entrückte Abgang mit Celesta, Xylophon, Streicherliegetönen und feinstem synkopischem Geklöppel atmet heiligen Ernst. Klangblock, leise Marschtrommel, Triangel – die europäische Klassik ist in ein tibetanisches Mönchskloster ausgewandert.

Als Nächstes sind zwei Korngold-Konzerte geplant und ein Abend mit Janine Jansen. Aber allen exzellenten Musikern und außergewöhnlichen Programmen zum Trotz kämpft die Reihe mit Geldsorgen. Spectrum-Gründer Frank Dodge appelliert deshalb an die Besucher. Freunde der unerhörten Musik lassen sich das gern dreimal sagen.

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