Kultur: Stadt der Teufel
Mitternacht.Oben bei den Menschen und unten bei den Strangers: Männer in langen schwarzen Mänteln, versammelt im unterirdischen Auditorium.
Mitternacht.Oben bei den Menschen und unten bei den Strangers: Männer in langen schwarzen Mänteln, versammelt im unterirdischen Auditorium.Fahlgraue Gesichter starren auf eine gigantische Uhr.Stunde der bösen Träume.Die Zeit in der Oberwelt, einer amerikanischen Metropole im Dekor der vierziger Jahre, bleibt stehen.Alles Leben in der Stadt erstarrt.Auftritt des zwielichtigen Psychiaters und Handlangers der Strangers (Kiefer Sutherland): Durch ein Serum, zwischen die Augenbrauen injiziert, manipuliert er menschliches Bewußtsein.Gleichzeitig stürzen - allein durch den Einfluß der Unterweltwesen - Hochhäuser ein, neue winden sich empor.
Unter den Menschen wacht einzig John Murdoch (Rufus Sewell), ein unfreiwilliger Zeuge der mysteriösen Vorgänge und selbst ein Opfer.Denn er hat seine Erinnerungen verloren.Welches Geheimnis birgt seine Kindheit, das Strandbad "Shell Beach"? Ist die ihm treu ergebene Emma (Jennifer Connelly) tatsächlich seine Frau, er aber ein gesuchter Frauenmörder? Ist er vielleicht gar ein Spielball der Finsterlinge?
Wie bereits in "The Crow" setzt Regisseur Alex Proyas, technisch wie ästhetisch hochambitioniert, auch in dem Science-Fiction-Thriller "Dark City", seine morbiden Unterweltsphantasien in eine Flut atemberaubend düsterer Bilder um.Die Spannung der geschickt eingefädelten Story jedoch geht zu früh verloren - denn allein Murdoch kann das Imperium der Strangers zerstören.Nur er besitzt - wie die Strangers - die Fähigkeit, die Welt allein durch mentale Konzentration zu verändern.
Doch ganz Einzelkämpfer ist er nicht, schließlich gibt es die liebliche Emma.Nur vermag ihre Treue nicht zu rühren - ebensowenig wie das Leiden des Helden an seiner Bewußtseinskrise.Hier ist alles Hochglanz - von den Tränen bis zum bombastischen Showdown.Am Ende des Kampfes - Murdoch gegen den Rest der (Unter-)Welt - wird die höllische Stadt zum archaischen Sinnbild der Erde: eine Scheibe, von deren Rand man ins unermeßliche All zu fallen droht.Es sei denn, man kann sich - wie der Held - die ersehnte Welt des Meeres, des Lichts und der Liebe erschaffen.Doch der Versuch, aus der Anonymität der nächtlichen Stadt zurück an den sonnig-leuchtenden Kindheitsort "Shell-Beach", zu fliehen, ist Illusion.Dem Regisseur genügen die Oberflächenreize.Die schnellen Bilder seiner alptraumbesessenen Welt sind freilich zu perfekt, um selbst ein Alptraum zu sein.
In neun Berliner Kinos, Originalfassung im Odeon
MONIKA DJEBBAR