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William Lyon Mackenzie King (Dan Beirne)

© Voyelles Film

„The Twentieth Century“: Warum dieser Film eine kluge Abrechnung mit Nationalismus ist

Ahornsirup und andere Fetische: Regisseur Matthew Rankin hat einen der unterhaltsamsten Berlinale-Filme gemacht.

Von Jonas Bickelmann

Dem kanadischen Regisseur Matthew Rankin ist mit „The Twentieth Century“ – einem der unterhaltsamsten Filme des Festivals – eine herrlich spleenige, fast dadaistische Abrechnung mit dem Nationalmythos seines Landes gelungen, Schuhfetisch und Gender hinterfragende Gouverneurstöchter inbegriffen.

Die Hauptfigur ist William Lyon Mackenzie King, der 22 Jahre als Premierminister amtierte. Rankins Film zeigt King (Dan Beirne) als drolligen, verklemmten Streber, der sich den Aufstieg ins höchste Staatsamt wie sich ein Kleinkind eine eigene Hüpfburg wünscht.

[Letzte Vorführung: 1. 3., 19.30 Uhr (Colosseum 1)]

Um das Amt treten die Kandidaten in einem Wettbewerb an, der Disziplinen wie Schneepinkeln und Kordelzerschneiden mit goldenen Scheren umfasst – alles wichtige Fähigkeiten für kanadische Staatsmänner.

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Doch sein Konkurrent Bert Harper nimmt King nicht bloß seine erste Liebe, Kanada, sondern auch die zweite: Ruby, die Tochter des Generalgouverneurs. In sie ist King verliebt, seit sie seiner Mutter im Traum erschien. Die abstruse Art des Kennenlernens steht beispielhaft für den um die Ecke gedachten Ansatz der Groteske.

Zur Mutter hat King ein bedenklich enges Verhältnis. Doch dass der historische Politiker der Mutter Unterwäsche zum Geschenk machte, darf bezweifelt werden. Allerdings wird berichtet, dass er nach Mamas Tod mit ihrem Geist korrespondierte.

Collageähnliche Szenenbilder
Collageähnliche Szenenbilder

© Voyelles Film

Alle Außenaufnahmen spielen in geometrischen Pappkulissen. Sie erinnern mal an Bilderbücher, mal an Videospiele, wozu die Super-8-Bilder nur weiter beitragen. Das Ganze ist eine Hommage an expressionistische Bildwelten und eine psychologische Charakterstudie.

Rankin zeigt, was am Nationalismus verlogen, klamaukhaft und unmoralisch ist. Trotz all seiner Neurosen wird Mackenzie King in „The Twentieth Century“ nicht zur Lachnummer. Dafür ist das Thema auch zu aktuell und ernst.

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