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Kultur: Ungeheuer grau

Katastrophenfilm mit Lovestory: „Die Wolke“

Stell dir vor, es ist Super-GAU und alle rennen weg. In der Schule heult die Sirene: ABC-Alarm, heißt es, und alle begreifen sofort, es ist das AKW östlich von Frankfurt am Main. So schlaue Kids sind zwar unwahrscheinlich, aber Gregor Schnitzlers Film nach dem preisgekrönten Jugendroman von Gudrun Pausewang hat keine Zeit für Mäkeleien. „Die Wolke“ beginnt als Coming-Of-Age-Story und mündet in ein rasantes Katastrophen-Szenario mit implantierter Liebesgeschichte. Die hübsche, vom Alltag mit berufstätiger Mutter und kleinem Bruder geplagte Hannah (Paula Kalenberg) wird vom schüchtern-schlauen Elmar (Franz Dinda) just dann geküsst, als die Alarmsirene heult.

Zwei Königskinder, von der Fluchtwelle getrennt. Massenpanik, 38 000 Tote, Hannahs Bruder verliert sein Leben, Chaos am Bahnhof Bad Hersfeld, der letzte Zug. Hannah verpasst ihn, wird verseucht, Elmar liebt sie trotzdem, auch mit Glatze. Dessen Vater (Richy Müller) begreift die Welt nicht mehr. Die Familie: die andere Katastrophe in diesem Film.

Drama und Glück sind immer schön ordentlich nacheinander sortiert. Erst die bunte, coole Jugend, dann das bleierne Land. Erster Sex, dann Knochenkrebs – und dem düsteren Tod folgt die fröhliche Autofahrt Richtung Horizont. Im wirklichen Leben ist die Reihenfolge weniger ordentlich. Regisseur Schnitzler gelingt es leider nicht, Bilder für das Unsichtbare zu finden. Radioaktivität? Der Wind zerzaust das Blattwerk, die Wolke ist ungeheuer grau und ungeheuer groß, das war’s. Die anfangs unbekümmerten Kids, die ungelenke Liebe, die scheiternden Familienbande, das kann Schnitzler besser. Auch die Massenfluchtszenen haben es in sich: Wenn’s ums Überleben geht, werden wir alle zu Monstern. chp

Ab Donnerstag in 13 Berliner Kinos

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