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Wie kann man bei so viel Action auch noch singen? Szene aus der „Fledermaus“ von Johann Strauß.

© thomas.m.jauk/StagePicture

Von „Fledermaus“ bis „Maske in Blau“: Geliebte Musiktheaterstücke, auf die man in der Krise verzichten mag

Wann der Musiktheaterbetrieb wieder anläuft, ist unklar. Aber manche Stücke wecken in der Krise nicht gerade positive Assoziationen. Eine Glosse.

Wann die Ensembles der Opernhäuser wieder vor vollbesetzten Zuschauerreihen auftreten können, weiß derzeit niemand. Wenn der Musiktheaterbetrieb dann aber wieder anläuft, wird das Publikum auf einige sonst viel geliebte Stücke wohl zunächst einmal ganz gerne verzichten. Auf Fred Raymonds Operette „Maske in Blau“ beispielsweise oder auf Giuseppe Verdis „Un ballo in maschera“.

Und auch der Titel des größten Bühnen-Dauerbrenners von Johann Strauß weckt in diesen Zeiten nicht gerade positive Assoziationen. Dabei geht es in der „Fledermaus“ gar nicht um die realen Flugtiere, sondern um das Faschingskostüm eines gewissen Herrn Falke, das ihn einst nach einer durchzechten Nacht zum Gespött der Passanten machte.

Masken werden hier ebenfalls getragen, allerdings in der venezianischen Version, also zur Bedeckung der Augen- und Stirnpartie. Was den wenig nachvollziehbaren Effekt hat, dass Gabriel Eisenstein seine eigene Gattin hinter der partiellen Gesichtsverhüllung nicht erkennt und darum heftig mit der vermeintlich Unbekannten zu flirten beginnt.

Dabei möchte man meinen, wenigstens ihre Stimme müsse ihm bekannt vorkommen, schließlich hat er im 1. Akt noch ausführlich mit ihr im Duett dialogisiert ...

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Doch abgesehen vom irreführenden Titel und der merkwürdigen Eheleute-Singen-Aneinander-Vorbei-Szene: Es gibt in der „Fledermaus“ auch eine Melodie, die durchaus Chancen hat, zur Coronahymne des Jahres 2020 zu avancieren. Deren Refrain lautet nämlich: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.“

Immer schön lächeln

Franz Lehárs „Land des Lächelns“ schließlich scheint nur auf den ersten Blick unverfänglich, was aktuelle Zeitbezüge betrifft. Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass gerade der größte Hit der Operette nach den jüngsten Erfahrungen mit der Informationspolitik chinesischer Gesundheitsbehörden nicht mehr so gut ankommen dürfte: „Immer nur lächeln und immer vergnügt“, singt Tenor Sou-Chong da, „immer zufrieden, wie's immer sich fügt. Lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen. Doch wie’s da drinnen aussieht, geht keinen was an.“ Von wegen!

Diese Worte dürften im Zuschauerraum mittlerweile nervöses Husten auslösen. Vielleicht täten Intendanten, die das Stück in ihrem Spielplan dennoch nicht missen wollen, gut daran, die heikle Nummer durch eine neu komponierte Einlage-Arie zu ersetzen, die ganz bewusst einen Bezug zum veränderten Erlebnishorizont der Zuschauer herstellt. Arbeitstitel: „In Wuhan, wo alles begann.“

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