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Kultur: Vor uns die Sintflut

„The Impossible“ erzählt das Drama einer Touristenfamilie nach dem Tsunami 2004.

Über Weihnachten wollen Henry (Ewan McGregor) und Maria Bennett (Naomi Watts) mit ihren drei Söhnen einmal richtig ausspannen. Pool, Meer und Sonne versprechen in der thailändischen Ferienanlage einen idyllischen Jahresausklang, bis eine riesige Flutwelle über die Küste hinwegrollt. Fast 250 000 Menschen sind bei dem Tsunami am 26. Dezember 2004 ums Leben gekommen. Etwa 1,7 Millionen Bewohner in den Küstenregionen des Indischen Ozeans wurden obdachlos.

Für „The Impossible“ greift der spanische Regisseur Juan Antonio Bayona („Das Waisenhaus“) aus der Masse der Betroffenen eine Familie heraus, die das Desaster überlebt hat. Basierend auf den Erlebnisberichten einer spanischen Touristenfamilie erzählt „The Impossible“ von den enormen Anstrengungen im Chaos nach dem Seebeben. Denn so imposant die Flutwelle auch ist, die Bayona hier nach 15 Minuten Spielzeit – digital animiert und mit höchst beeindruckenden Soundeffekten – über die Leinwand rollen lässt, die eigentliche Katastrophe beginnt erst nach dem Tsunami.

Die Flut hat die Familie auseinandergerissen. Henry und die beiden jüngeren Kinder haben in den Trümmern der Hotelanlage überlebt. Die schwer verletzte Maria und ihr ältester Sohn Lucas (Tom Holland) schleppen sich durch das verwüstete Überschwemmungsgebiet an Land, wo sie von Einheimischen in ein Krankenhaus gebracht werden. Während die Mutter im Hospital ums Überleben kämpft, entscheidet sich der Vater, die beiden Söhne in ein Rettungscamp zu schicken und sich selber auf die Suche nach Maria und Lucas zu machen.

Auf der Leinwand wird dieses Streben nach familiärer Wiedervereinigung mit einer gehörigen Portion Sentiment versetzt; dennoch entwickelt „The Impossible“ eine Kraft, die über den Rettungskitsch hinausgeht. Bayona beschäftigt sich differenziert mit menschlichen Reaktionsweisen in einer solchen Extremsituation und untersucht, was genau einem in der Katastrophe die Kraft zum Überleben gibt. Im Zentrum steht dabei die Beziehung zwischen Mutter und Sohn, in der sich das familiäre Fürsorgeprinzip umkehrt. Im Chaos des Hospitals wird der 13-jährige Lucas nicht nur zum Beschützer seiner Mutter, sondern übernimmt auch für andere Verantwortung.

Tom Holland spielt diesen Jungen, der innerhalb kürzester Zeit erwachsen werden muss, mit enormer Präsenz und emotionaler Wandlungsfähigkeit. Die Liebe zwischen Mutter und Sohn ist das eigentliche Herz des Filmes. Doch die Fokussierung auf das individuelle Schicksal enthält zugleich die Schwäche von „The Impossible“. Denn so ergreifend hier eine Familie füreinander eintritt, es fehlt gänzlich der Blick für die Auswirkungen der Katastrophe auch jenseits der Touristenperspektive. Die weitaus drastischeren Folgen für die Einheimischen und überhaupt die Grundsensibiliät für die zahllosen Opfer, die nicht mit dem Leben davongekommen sind, bleiben weitgehend ausgeblendet. Auf dem Weg zum familiären Happy End stößt das bitter auf.

Cinemaxx, Cinestars SonyCenter (OV) und Tegel, Colosseum, Kulturbrauerei

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