
© Nomad / Inloco
Wandernde Vitrine : Die Kunst- und Designmesse Nomad auf der Insel Capri
Zum 14. Mal begeisterte die kleine, dafür sehr feine Kunst- und Designmesse Nomad – diesmal im Kloster Certosa di San Giacomo.
Stand:
Spiegelnd, bunt und aufblasbar, so stellt sich der italienische Künstler Filippo Minelli „The Idealised City“ vor. Sie ist eine popschrill monumentale Kunststoff-Assemblage aus Bällen, Matratzen, gehäuseartigen Containern und Säulen in den irisierenden Farben des Meeres und der Sonne. Im großen Kreuzgang der Certosa di San Giacomo auf der Insel Capri zwischen hohen Gräsern installiert, wirkt die Arbeit, importiert von der Dubaier Galerie Inloco, wie eine Phantasmagorie aus dem Metaverse.
Das Ensemble „Die idealisierte Stadt“, das die Uniformität urbaner Siedlungen in Kontrast zu kulturhistorisch bedeutenden Stätten setzen will und für das die in der Street Art verwurzelten Galeristen einen Preis von 150.000 Dollar nennen, ist der von der Fläche her größte Beitrag in der Certosa, in der die dritte Ausgabe der Kunst- und Designmesse Nomad stattfand.
Eine Messe ohne festen Standort
1373 von Graf Giacomo Arcucci gegründet, ist das ehemalige Kartäuserkloster nicht nur das älteste Gebäude auf der Insel Capri, sondern zählt mit zwei im frühen 20. Jahrhundert von Schriftstellern erbauten Anwesen, der Villa Lysis von Jacques d’Adelswärd-Fersen und der Villa Malaparte von Curzio Malaparte, zu den spektakulärsten Architektur-Arealen der Felseninsel in der Bucht von Neapel. Die Nomad beschreibt sich selbst als „Zukunft der Messe“. Einzigartig ist ihr Modell, weil die 2017 gegründete Verkaufsplattform ein Boutique-Format ohne festen Standort ist. „Wir sind eine wandernde Vitrine“, erklärt der Kunst- und Designmanager Giorgio Pace als ihr Mitgründer, „wir schaffen Begegnungen und neue Verbindungen zwischen Kunst, Collectible Design, Natur und Architektur“.

© The Hedges Collection
Neun Galeristen und die Initiatoren von sechs Spezialprojekten bespielen sowohl Räume hinter dem Kreuzgang als auch das zum „Museo Diefenbach“ umgewidmete Refektorium mit 31 Gemälden des deutschen, eine Zeitlang auf der Insel lebenden Malers Karl Wilhelm Diefenbach und die Kirche. Im Museum hat die Grande Dame der italienischen Galeristinnen, Lia Rumma, Anselm Kiefers Gemälde „Nympha Montana“ (2009-2022), eine Hommage an den Maler Giovanni Segantini, integriert. Im Kloster platzierte sie die 20-teilige, sublime Bienenwachs-Installation „City of Silence“ (2015-2023) von Wolfgang Laib. Beide Präsentationen sind bis Ende Juli zu sehen.
Kunst in historischer Kulisse
Galerist Eduardo Secci inszenierte eine Gruppe seiner Highlights in Spannung zur historischen Kulisse, darunter eine faszinierende Skulptur des Bildhauers Giò Pomodoro (70.000 Euro) und eine Keramik des Pioniers der geometrischen Abstraktion, Fausto Melotti (75.000 Euro). „Im Vergleich zum Engadin kommen bisher weniger Sammler und Käufer hierher“, sagt er, „aber sie sind hochkarätig“. Zu den Stammgästen der Nomad zählen die Mailänder Galerie Nilufar, Antonio Verolino aus Modena und Robilant + Voena mit Standorten in New York, London und Mailand. Sie brachten erneut Design-Sammlerobjekte mit, Robilant+Voena zeigten bemalte und glasierte Terrakottaskulpturen von Lucio Fontana, darunter ein hinreißendes Kruzifix. Zum ersten Mal war der Mailänder Carlo Cinque mit seiner gleichnamigen Galerie auf Capri. Er zeigte eine Soloshow des Duos Bertozzi & Casoni, zwei Keramikern, die staunenswert hyperrealistische polychrome Stillleben etwa von benutzten Geschirrstapeln oder Resten von Mahlzeiten formen.
Eine Entdeckung, wie auch das in Mexiko City beheimatete Design- und Architekturstudio Atra, 2014 vom schwedischen Designer Alexander Diaz Andersson und seiner Mutter Maria gegründet. Atra begeisterte auf der Nomad mit dem Spezialprojekt „Future Relics“ (Zukünftige Relikte) aus minimalistisch-exzentrischen Möbelunikaten und Beleuchtungsobjekten, die Diaz Andersson mit höchster handwerklicher Qualität fertigen lässt und für die er Materialien wie Alpaka oder weißen Onyx-Marmor verwendet.
Ein weiteres beeindruckendes Projekt fand im benachbarten Grand Hotel Quisisana statt, wo der Interior Designer Martin Brûlé und der Sammler Jim Hedges originale Silbergelatin-Abzüge aus Hedges Andy-Warhol-Fotosammlung – der weltweit größten in Privatbesitz – in einem von Brûlé elegant kuratierten Ambiente vorstellten. Auch das ist Nomad: Eine Chance, außergewöhnliche Menschen und ihre Passionen kennenzulernen.
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