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Von Berlin nach Paris? Das Kunstprojekt Dau

© Jörg Carstensen/dpa

Umstrittenes Kunstprojekt: Was der "Dau"-Regisseur in Paris plant

"Dau"-Regisseur Ilya Khrzhanovsky will jetzt Paris unsicher machen. Ob seine Pläne dort genehmigt werden, steht in den Sternen.

An der zentralen Place du Châtelet, unmittelbar an der Seine und in der Flucht der Pont au Change, stehen sich zwei Theater gegenüber, die zur gleichen Zeit erbaut wurden, 1864: Das Théâtre du Châtelet und das Théâtre de la Ville. Im einen gastierten die legendären Ballets Russes von Sergej Djagilew, Werke wie Strawinskys „Petruschka“ wurden hier uraufgeführt, Tschaikowsky, Mahler und Richard Strauss dirigierten Konzerte. Im anderen spielte Diva Sarah Bernhardt, die dem 1864 erbauten Theater Ende des 19. Jahrhunderts ihren Namen gab. Sartres „Die Fliegen“ wurde hier, noch unter der Nazi-Besatzung, uraufgeführt, Brechts Berliner Ensemble und Strehlers Piccolo Teatro gastierten.

Geht es nach den Plänen des Dau- Künstlers Ilya Khrzhanovsky, wird sich demnächst zwischen beiden Theatern und über den Platz eine gewaltige zweiteilige Brückenkonstruktion spannen, südlich und nördlich der Victoria-Säule und des Palmier-Brunnens, die 1808 in Erinnerung an Napoleons Triumphe errichtet wurden. Nach dem in Berlin gescheiterten Projekt, das die Festspiele 2019 erneut aufgreifen wollen, war diese „Égalité“ betitelte Installation ursprünglich als zweiter Teil eines Triptychons „Liberté – Egalité – Fraternité“ geplant. Innerhalb der dreibögigen Konstruktion sollen, wie zuvor auch in Berlin geplant, Khrzhanovskys Filme gezeigt werden, irgendwie immersiv. Immersion ist in Frankreich gerade sehr hip: Ein immersives Ausstellungsformat wurde im neuen Atelier des Lumière erprobt, wo sich die gewaltigen, raumgreifenden Projektionen von Gemälden Gustav Klimts und Egon Schieles als Publikumsrenner erweisen.

Die Pariser Presse wird nicht informiert

Das Pariser Dau-Projekt wurde theoretisch denkbar, da beide Theater derzeit wegen Bauarbeiten geschlossen sind. Im Théâtre de la Ville sind sie erheblich verspätet und zum Skandalthema geworden. Das Théâtre du Châtelet soll Anfang 2019 den Spielbetrieb wieder aufnehmen. In beiden Häusern zeigt sich der Wandel der Bühnenmoden von der Belle- Époque bis heute. Das Théâtre du Châtelet bringt Musik- und Operettenprogramme, unter Stéphane Lissners Leitung war es nach 1995 vorübergehend das künstlerisch führende Pariser Opernhaus. Im Théâtre de la Ville gastieren internationale Spitzenkünstler mit Theater und Tanz.

Zu den Dau-Plänen äußern sich die Theater nicht, unter Verweis auf laufende Genehmigungsverfahren. Die Pariser Presse wird nicht informiert. Mairie und Polizeipräfektur dürften sich – ähnlich wie in Berlin – mit einer Genehmigung schwertun. Seit den Anschlägen von 2015 sind Pufferzonen zwischen Security und Eintritt vorgeschrieben. Dafür müsste aber die Uferstraße, eine der wichtigsten innerstädtischen West-Ost-Verbindungen, gesperrt werden. Die Metrostation unter dem Platz verknüpft fünf Linien und ist Teil des Bahnhof Châtelet–Les Halles, eines der verkehrsreichsten Nahverkehrsbahnhöfe der Welt.

Eberhard Spreng

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