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Kultur: Wenn ich ein Zombie wär

„Geräusch“! Das neue Album von Berlins Spaßcombo Die Ärzte

„Die einen finden’s scheiße, die anderen finden’s stark – genau wie jedes Jahr: Wir sind wieder da!“ Das haben Die Ärzte vor acht Jahren gesungen, in ihrem Lied „Super Drei“. Wer die Berliner Band jetzt hört, der sagt: Ja, das passt noch immer! Heute bringt die Berliner Spaßcombo ihre neue Platte auf den Markt: „Geräusch“.

Das Doppelalbum ist bei Hot Action Records erschienen, und wieder bestätigt es alle Vorurteile: Da sind die Lieder von Farin Urlaub. Blödsinnig, aber sehr gut formuliert. Dieser Humor! Ironisch, aber nicht so plump wie bei den Toten Hosen, sondern leichter, überraschender. Da singt Farin Urlaub in „WAMMW“, wie schön und harmonisch die Welt doch wäre, wenn alle Männer Mädchen wären, „ich mein natürlich – alle außer mir“. Oder in „Pro-Zombie“: „Wenn ich ein Zombie wär, bräucht’ ich keinen Kombi mehr – denn machen wir uns mal nix vor: Wer nimmt schon ’nen Zombie als Spediteur?“ Oder das Lied „Jag Älskar Sverige!“ Darin singt er: „Schweden – warum hast du dich nicht vermehrt? Ein zweites Schweden, das wäre nicht verkehrt.“

Aber da ist halt auch das andere Vorurteil, jenes über den Drummer Bela B., den Mann, für die Lieder im Suff. Schräge Texte, schräge Melodien, die wohl kaum jemand in der Öffentlichkeit zu hören wagt, nur in den eigenen vier Wänden. Aber wie gesungen: „Die einen finden’s scheiße, die anderen …“

Ab Dezember gehen Die Ärzte auf Tournee, anfangs noch mit der Hip-Hop-Gruppe Fettes Brot, in Berlin dann, im Juni 2004, treten sie drei Tage hintereinander mit „Village People“ in der Wuhlheide auf. Ihr Stil ist härter geworden, lauter, aber nicht grölend. Es ist mehr Bass im Spiel, mehr Wucht. Und die Texte kommen ein wenig politischer daher, wenn auch nicht so anklagend wie die der Toten Hosen.

Vielleicht werden Die Ärzte ja langsam erwachsen. Das Trio geht auf die 40 zu. Schon das Heftchen zur CD: keine Comics, keine Blödelei, sondern nüchterne Bilder, viele in Schwarzweiß. Momentaufnahmen.

Was noch auffällt: die hohe Qualität der Lieder des Bassisten Rodrigo Gonzalez. Von ihm war auf den letzten Platten wenig zu hören, diesmal ist es auffallend viel – und auffallend viel Gutes. Kein aufgeregter Stil, wenig Witz, stattdessen eine gewisse Harmonie. Seine Lieder sind der Ruhepol von „Geräusch“. Es wird ein bisschen dauern, bis man weiß, ob man die Platte mag. So war es immer. Gut sind nur drei, vier der 26 Lieder des Doppelalbums – im ersten Moment. Wer die Platte öfter hört, wird mehr entdecken. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

Die Ärzte: Geräusch, Hot Action Records

André Görke

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