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Meinung: Anstoß in New York

Von Clemens Wergin

Nun hat die Viererbande also offiziell den Hut in den Ring geworfen: Japan, Indien, Brasilien und Deutschland haben einen Resolutionsentwurf vorgelegt zur Reform des UNSicherheitsrates. Um sechs ständige Mitglieder soll das Gremium ihrer Ansicht nach erweitert werden. Und die vier wären gerne mit dabei – auch wenn im ersten Resolutionsentwurf noch keine konkreten Länder genannt sind. Die schnelle und ablehnende Reaktion Chinas zeigt, dass der demonstrativ zur Schau getragene Optimismus der vier Aspiranten verfrüht ist. Andererseits haben die USA, die bisher nur einen ständigen Sitz Japans befürworteten, nun auch den anderen Kandidaten freundlich zugenickt – nur für den Fall allerdings, dass die Neuen auf ein Vetorecht verzichten. Doch darin liegt ja gerade der eigentliche Kern der Macht im höchsten Weltgremium. Es scheint also jetzt schon ausgemacht, dass mehr als eine ständige Mitgliedschaft zweiter Klasse nicht drin sein wird für Deutschland und seine Mitstreiter.

Indem sie jetzt aus der Deckung kommen, gehen die vier ein hohes Risiko ein. Sie hoffen, ihrem Anliegen in der UN-Vollversammlung eine Eigendynamik zu verschaffen, der sich niemand mehr entgegenstellen will. Angesichts der Widerstände, die sich in den letzten Wochen formiert haben, stellt sich aber die Frage, ob die vier tatsächlich gut damit gefahren sind, sich in dieser Sache so eng aneinander zu binden. Denn das hat nicht etwa dazu geführt, dass sie mehr Unterstützer um sich sammeln konnten, sondern dazu, dass sich regionaler Widerstand gegen einzelne Kandidaten auf die ganze Gruppe überträgt. So hätte China kein Problem damit, Deutschland als neues Mitglied im Sicherheitsrat zu akzeptieren. Peking steht aber in Konkurrenz zu Japan um die Führungsrolle in Ostasien. Deshalb ist der Package-Deal für China kaum akzeptabel. Brasilien kann seinerseits wenig für den pakistanisch-indischen Konflikt. Und dass Deutschlands Bewerbung von Italien abgelehnt wird, trifft auch die anderen drei im Bunde. Aus dieser Weggemeinschaft kommen die vier ohnehin nicht mehr heraus und sind deshalb in die Offensive gegangen. Das Spiel um eine neue Machtverteilung in der Welt beginnt jetzt erst richtig.

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