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Sein Privatsekretär und Kurienerzbischof Georg Gänswein küsst den Sarg von Benedikt.

© IMAGO/Vatican Media

Benedikt XVI. beigesetzt: Die alte Kirche – zu Grabe getragen

Liberalisierung und Öffnung wollte der emeritierte Papst nicht. Jetzt kann es zu spät sein. Wenn Nachfolger Franziskus die Kraft ausgeht.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Nun ist Benedikt XVI. beigesetzt und sein Wirken damit der Geschichtsschreibung übergeben. Als was wird er erinnert werden? Der deutsche Papst, das gewiss, aber sonst? Sein Nachfolger auf dem Stuhl Petri, Franziskus, hat ihn schon in einer Weise gewürdigt, die das Urteil vorwegzunehmen versucht: Benedikt, der Katechet, der große Kirchenlehrer. So kann es sein – aber nur, wenn die Geschichte gnädig mit ihm ist.

Reformen, die so dringend nötigen, waren Joseph Ratzingers Sache erklärtermaßen nicht. Er war vor allem ein Glaubenswächter, ein inquisitorischer dazu. Und hat dann doch die Härte vermissen lassen, all jene zu maßregeln, die Grundsätze eben dieses Glaubens in höllischer Weise verletzt haben. Dieser Papst schon hätte sie vor Gericht zu ziehen müssen und nicht erst das jüngste abwarten dürfen.

Der tausendfache Missbrauch junger Menschen – welch eine Sünde. Nicht bloß für den, der glaubt. Wie viele Seelen wurden gequält, sind es bis heute, weltweit. Die katholische Kirche als ein Ort des Grauens. Und Benedikt versagte im Angesicht dessen. Vor der Geschichte wird er sich verantworten müssen, und, wenn es nach dem Glauben geht, auch vor seinem Schöpfer.

Und er glaubte das ja unbedingt. Sein Credo war: Es gibt keinen Glauben ohne Glauben. Das hat er in jeder Funktion dieser Kirche zu verteidigen versucht. Glühend, mit Ratio. Ein Widerspruch? Nicht bei ihm. Seine gelehrten Sätze gegen die Verweltlichung zeugen davon. So war auch der Widerstand gegen eine Liberalisierung aus seiner Sicht logisch.

Der Nachfolger, Franziskus, ist da auch schon in schwerer Not. Dass er die katholische Kirche den Zeichen der Zeit gemäß öffnen kann, ist bei Weitem nicht gewiss. Auch seine Kraft lässt nach. Dabei könnte der Unterschied zu Benedikt kaum größer sein: Dieser Papst ist am besten, wenn er den Armen die Füße wäscht.

Benedikt war das Dilemma – vor aller Augen. Eine Beteiligung der Gläubigen, Transparenz und Aufbruch versus Regeln, Riten und deren strikte Auslegung – sein Handeln wirkte seltsam verloren. Vielleicht wird er deshalb eingehen in die Geschichte als der, der das Ende der alten Kirche war. Denn das ist doch in den Jahren vielfach geschehen: Wenn geschlossene Systeme Rettung in ihrer Öffnung suchen, dann können sie auch untergehen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

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