PORTRÄT ADOLF SAUERLAND DUISBURGER BÜRGERMEISTER:: „Das ist doch völliger Quatsch“
Die Atmosphäre wechselt von einer Sekunde auf die andere. Gerade hat Adolf Sauerland vorsichtig und abwägend formuliert, plötzlich schießt es aus ihm heraus: „Das ist doch völliger Quatsch“, poltert er, „ich habe eine weiße Weste und die Vorwürfe werden sich in Luft auflösen.
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Die Atmosphäre wechselt von einer Sekunde auf die andere. Gerade hat Adolf Sauerland vorsichtig und abwägend formuliert, plötzlich schießt es aus ihm heraus: „Das ist doch völliger Quatsch“, poltert er, „ich habe eine weiße Weste und die Vorwürfe werden sich in Luft auflösen.“ Beim ersten Teil des Gespräches ging es um die Loveparade, die 21 Toten und vielen Verletzten, und dazu fällt es Sauerland bis heute schwer, etwas zu sagen. Erst beim Thema der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn wegen Vorteilsnahme strafft er den massigen Oberkörper und schaltet er auf Angriff.
Sauerland ist bis heute weitgehend sprachlos, wenn es um jenen Tag im Juli des Jahres 2010 geht. „Ich wollte nichts tun, was die Angehörigen verletzten könnte“, entschuldigt er sich matt und geriert sich selbst als Opfer, „ich konnte die Gedanken nicht gerade fassen“.
Weil diese Sprachlosigkeit anhält, hat sich der Widerstand in der Ruhrstadt organisiert. Eine Bürgerinitiative sammelte über 80 000 Unterschriften für das erste Abwahlverfahren im größten Bundesland, am Sonntag hoffen sie auf jene 91 250 Stimmen, die notwendig sind, um Sauerland aus dem Amt zu befördern. „Wir sind vorsichtig optimistisch, dass das gelingen kann“, sagt Theo Steegmann, einer der Initiatoren, der allerdings weiß, wie schwer es werden wird, dieses Quorum zu überspringen. Sauerland war mit nur etwas mehr als 70 000 Stimmen ins Amt gewählt worden.
So könnte es am Sonntag nicht für die Abwahl reichen – was die Lage in der Stadt angesichts der breiten Mehrheit für die Abwahl nicht entkrampfen würde. Der 57-jährige Sauerland würde ein solches Ergebnis freilich als Vertrauensbeweis umdeuten und darauf hinweisen, dass das Verfahren ohnehin nur aus parteipolitischen Gründen ins Werk gesetzt worden ist. „Der politische Gegner instrumentalisiert die Abstimmung“, schimpft er. Dass er sich in seiner eigenen Stadt kaum mehr frei bewegen kann, ohne auf Proteste zu stoßen, bezieht er ohnehin längst nicht mehr auf sich, sondern nur auf jene „Linke“, die er für die Stimmung gegen ihn verantwortlich macht. Immerhin wird gegen etliche städtische Mitarbeiter ermittelt; gegen Sauerland hegen die Anklagevertreter den Verdacht, er habe von Parteispenden von in der Stadt tätigen Immobilienhaien an seine CDU gewusst. Selbst wenn er den Sonntag überstehen sollte, ist die Gefahr für ihn nicht gebannt.Jürgen Zurheide
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