Meinung: „Das kann spaßig werden“
Es bläst ein Frauenwind in der europäischen Politik“, titelte eine schwedische Zeitung nach der Ernennung der sozialdemokratischen Vorsitzenden Mona Sahlin in Stockholm. Nach sieben männlichen Vorsitzenden seit 1896 ist „Mona“ die erste Frau an der Spitze der mächtigsten Partei des Landes.
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Es bläst ein Frauenwind in der europäischen Politik“, titelte eine schwedische Zeitung nach der Ernennung der sozialdemokratischen Vorsitzenden Mona Sahlin in Stockholm. Nach sieben männlichen Vorsitzenden seit 1896 ist „Mona“ die erste Frau an der Spitze der mächtigsten Partei des Landes. Und einfach wird es nicht für die gerade 50 Jahre alt gewordene Ex-Ministerin. Im September fuhr ihre Partei das schlechteste Wahlergebnis überhaupt ein und verlor die Regierungsmacht an die bürgerliche Allianz – trotz exzellenter Wirtschaftsdaten.
Bis zur Wahl 2010 hat Sahlin nun Zeit, ihre Partei zu erneuern. Vor allem um die katastrophale sozialdemokratische Oppositionsarbeit muss sie sich kümmern. Die Oppositionsrolle scheint weiterhin ungewohnt für eine Partei, die Schweden seit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts nahezu ununterbrochen regiert hatte.
Schon jetzt wird Sahlin als „schwedische Angela Merkel“ mit umgekehrtem Vorzeichen bezeichnet. Sie gilt als kooperativer als ihr autoritärer und zuletzt sehr unbeliebter Vorgänger Göran Persson. Sahlin selbst spricht allerdings nur die Hälfte der Stammwähler das Vertrauen aus. „Mona Sahlin ist nur die zweite Wahl“, unken viele Genossen. Und eigentlich stimmt das auch. Die Wahlkommission wollte EU-Kommissarin Margot Wallström. Die lehnte jedoch ab.
Vor allem Glaubwürdigkeitsprobleme plagen Sahlin. Nach einer rasanten Karriere bis hin zur jüngsten Ministerin im Kabinett Ingvar Carlsson übernahm sie mit 32 Jahren das Arbeitsmarktressort und wurde Vize-Premierministerin. Dann kam die „Toblerone Affäre“. Mit einer Regierungskreditkarte kaufte sie private Dinge im Wert von 2750 Euro ein, darunter Tobleronetafeln. „Ich sah das als einen Vorschuss auf meinen Lohn an“, erklärte sie damals ein wenig zu lax.
Als 1999 zudem publik wurde, dass sie Finanzprobleme hatte, die sich in 99 unbezahlten „Knöllchen“ wegen Falschparkens, nicht bezahlten Rundfunkgebühren und ständigen Streits um die Zahlung der Kindergartengebühren äußerten, galt ihre Karriere als unwiderruflich beendet. Wer privat seine Ökonomie nicht im Griff hat, kann Schweden nicht regieren, hieß es.
Sahlin beteuert heute, aus Fehlern gelernt zu haben. Nach ihrem Rücktritt schrieb sie den Bestseller „Mit meinen Worten“. Es ging um private Probleme, ihren Sohn, der im Alter von einem Jahr gestorben war – und den politischen Skandal. Das Buch half ihr, in die Politik zurückzukehren.
André Anwar
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