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Meinung: Dass es eine Schande ist

Von Stephan-Andreas Casdorff

Jeder disqualifiziert sich so gut er kann. Der Generalsekretär der CSU, Markus Söder, hat sich in einer Weise disqualifiziert, dass es besser wäre, er ginge. Oder würde abgelöst. Der Vorwurf, der Kanzler sei indirekt mitverantwortlich für die Schändung von Kindern, weil RotGrün keine Gesetze verschärft habe, ist ungeheuerlich. Politik mag ja kein Gesangverein Harmonie sein, wie der beste aller Generalsekretäre, der Christdemokrat Heiner Geißler, immer sagte; aber Politik verträgt solche Töne nicht. Die Gesellschaft auch nicht. Keiner, der nicht Politiker ist, würde sich das bieten lassen: Verantwortlich gemacht zu werden für abscheuliche Verbrechen.

Sicher, das Lehrbuch der politischen Rede sieht als Formel die „Kopplung des Gegners mit negativen Argumenten“ vor. Aber es gibt Argumente, die fallen nur auf einen selbst zurück. Gustav Heinemann sagte als Justizminister: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, sollte bedenken, dass drei auf einen selber weisen.

Es ist allerdings nicht nur Söder, der sich verhält, dass es den Bürger-Wähler graut vor der so genannten politischen Klasse. Das Wort Klasse wird schon zum Hohn. Auch Söders Chef Edmund Stoiber redet sich in eine Rage hinein, die seine Partei, die CSU, bundesweit als schrillen Verein dastehen lässt. Wie er die FDP anraunzt und dabei, was deren Chef Guido Westerwelle betrifft, mit Vorurteilen spielt – weder gereicht das ihm zur Ehre, noch wird es der Union zu Stimmen verhelfen. Die Gesellschaft ist weiter, offener, liberaler. Welcher Christdemokrat regiert gleich noch die konservativen Hanseaten?

Nein, es ist umgekehrt, Westerwelle bekommt gerade Recht. Wenn das so weitergeht, treiben Stoiber und Söder CDU und CSU aus falsch verstandenem Konservativismus in eine Diskussion, die sie nicht ohne Schaden überstehen können. Anstatt endlich die völlig disparaten Vorschläge zu allen wirklich wichtigen Inhalten in Übereinstimmung zu bringen, vergreift sich die CSU im Ton. Nimmt aber die Union Schaden, freut sich der Dritte.

Und, nebenbei, wird der Wert von Politik in der Gesellschaft gefährdet. Rhetorik ist die Tochter der Republik. Sie ist untrennbar mit dem Schicksal der Demokratie verbunden. Über das politische Schicksal von Markus Söder ist deshalb das letzte Wort noch nicht gesprochen.

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