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Bürokratieabbau: Oft gewünscht, nie erreicht.

© picture alliance/dpa

Wutrede eines Wollfabrikanten geht viral: Der Staat dient dem Bürger, nicht andersherum

Verwaltungen brauchen vor allem eine neue Mentalität: die des Ermöglichens. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fatina Keilani

In der vergangenen Woche machte ein Video die Runde durchs Internet, es zeigte den Rügener Marco Scheel in Rage. Scheel betreibt die Firma Nordwolle, die aus der Wolle des Pommernschafes Kleidung fertigt. Nachhaltiger und umweltschonender geht ein Geschäft kaum. Vom Schaf zum Pulli ist der Weg sehr kurz. Scheel hat bloß ein Problem, er braucht Platz für die Fertigung.

Die Halle hat er bereits: Auf seinem Grundstück steht ein verfallendes Gebäude mit kaputtem Dach, es war mal ein Stall, Scheel möchte das Dach reparieren und das Gebäude als Produktionsstätte nutzen. Von den Behörden fühlt er sich behindert: „Dafür muss ich eine Umnutzung machen, die findet auf dem Formular vom Bauantrag statt. Bauantrag im Außenbereich wird erst mal abgelehnt.

Jetzt soll das Amt Neukloster den Flächennutzungsplan machen, dann soll die Gemeinde einen Bebauungsplan machen, dann kann ich einen Bauantrag stellen. Und die ganzen Planer, die soll ich bezahlen – das kann ich aber nicht. Und dann haben die mir einen Verwaltungslotsen zur Seite gestellt, der mich durch die Stromschnellen der unteren Verwaltungsbehörde lotsen soll, hören die sich eigentlich mal selber zu?“

Die Wutrede verbreitete sich schnell im Internet

Die Wutrede des Wollfabrikanten ist Teil einer halbstündigen NDR-Reportage gewesen; der kleine Ausschnitt verbreitete sich rasend schnell, er traf einen Nerv. „Ich habe Bock, hier was anzupacken, aber einer muss auch mitmachen!“, ruft Scheel nachvollziehbar genervt. Unabhängig davon, woran es in diesem Falle hakt, zeigte sich an den Reaktionen im Internet, wie hoch die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Verwaltung inzwischen ist.

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Die Rede ist hier nicht vom Krisenmodus. Verwaltung ist nicht krisenfest, denn ihre personelle Stärke orientiert sich am geschätzten Bedarf der Bevölkerung. Daher ist sie in jeder Krise zunächst überlastet. Wenn hunderttausende Flüchtlinge auf einmal ins Land kommen wie 2015, entsteht Überlastung, ebenso bei Ausbruch einer Pandemie. Das ist verständlich.

Nicht verständlich ist, warum es jeweils ein Jahr dauert, bis Stellen geschaffen und besetzt sind. Gesundheitsämter sind überlastet, na gut, aber warum ein Jahr später immer noch? Und warum wird dort nicht an Wochenenden gearbeitet, damit auch montags aktuelle Zahlen zur Verfügung stehen?

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Verwaltung muss Ergebnisse produzieren

Die Verwaltung speziell in Berlin scheint vor allem mit sich selbst beschäftigt, auch ohne Pandemie oder Krise. Terminvergabe im Bürgeramt: seit Jahren ein Problem. Elterngeld? Kann Monate dauern. Jugendämter? Schließen wochenlang, um Rückstände abzuarbeiten. Digitalisierung: kommt kaum voran.

Auch hier gilt es nicht zu vergessen: Ältere haben oft kein Internet. Schickt man ihnen einen Link zum Impftermin oder einen QR-Code, den sie scannen sollen, dann sind jene Älteren ohne Kinder oder Enkel geliefert. Rufen sie dann bei der Behörde an, geht niemand ans Telefon. Kein Zustand! Verwaltung muss für alle da sein und: Sie muss Ergebnisse produzieren.

So wie derzeit ist es nicht gedacht. Aus „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ (Grundgesetz) und „wesentliche Fragen gehören ins Parlament“ (Bundesverfassungsgericht) folgt: Das Volk macht seine Gesetze selbst, auch die für das Verwaltungsverfahren. Staatsdiener sind eigentlich Volksdiener. Das Volk sollte sie zu einer Ermöglichungsmentalität verpflichten.

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