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Der Papst und die "Titanic": Der zivilisatorische Rückschritt

Was würde wohl passieren, wenn die "Titanic" den Propheten Mohammed verspotten würde und der Zentralrat der Muslime in Deutschland eine einstweilige Verfügung gegen das Blatt erwirkte? Genau das Gegenteil von dem, was jetzt passiert, meint unser Kolumnist.

Stand:

Wo ist eigentlich der zivilisatorische Fortschritt geblieben? Der Mann, der Mittfünfziger mit den weitläufigen Geheimratsecken und der Brille im Gesicht, ist angesichts des Vatikans ziemlich irritiert. Da kann er ihn nämlich nicht entdecken, den zivilisatorischen Fortschritt. Es ist ja so: Wenn nun eine satirische Zeitschrift, sagen wir die „Titanic“, den Propheten Mohammed verspotten würde auf ihrem Titelblatt, was wäre da los? Muslime würden aufschreien, in erster Linie die Hardcore-Muslime, aber vielleicht auch andere. Wahrscheinlich würden Todesdrohungen ausgesprochen, Demonstrationen vor dem Verlagsgebäude der „Titanic“ abgehalten, und die Redakteure müssten sich fürchten.

Und wahrscheinlich würde der Zentralrat der Muslime in Deutschland eine einstweilige Verfügung gegen das Blatt erwirken.

Tagesspiegel-Kolumnist Helmut Schümann.

Und wir anderen, wir, die auch zu Deutschland gehören, würden dann unsererseits aufschreien, allen voran Franz Josef Wagner von der Satirezeitung „Bild“, würden von Zensur reden, vom Recht auf die eigene Meinung und ihrer Freiheit, und würden die zivilisatorische Rückständigkeit des Islam beklagen.

Aber das ist ja alles nicht passiert. Tatsächlich hat eine satirische Zeitschrift, nämlich die „Titanic“, den christlichen Vizegott, Gottes Stellvertreter auf Erden, Papst Benedikt XVI., auf ihrem Titelblatt verspottet.

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