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Sören Pellmann (l-r), Co-Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Bundestag, Jens Spahn (CDU), Vorsitzender der CDU/CSU Bundestagsfraktion, Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende von Die Linke, und Alexander Dobrindt (CSU), designierter Bundesinnenminister, beraten sich nach der Kanzlerwahl im Bundestag.

© dpa/Kay Nietfeld

Kanzlermacherin: Friedrich Merz ist der Linken zu Dank verpflichtet

Ohne die Linkspartei hätte es am Dienstag keinen zweiten Wahlgang im Parlament gegeben. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der Union bei der Zusammenarbeit sollte bald Geschichte sein.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Nicht alle sind große Gewinner dieses Tages, an dem schlussendlich Friedrich Merz glücklich Bundeskanzler wurde, aber zu den größten gehört fraglos die Linkspartei. Sie erhöht ihre Wichtigkeit.

Nach der historischen Niederlage von Friedrich Merz im ersten Wahlgang des Bundestages war ein zweiter nötig. Und um den anzuberaumen, musste das rechtlich unzweifelhaft möglich werden. Die Chefs der Union, voran Alexander Dobrindt, verhandelten mit den Führenden der Linken. Gemeinsam mit der Fraktion verabschiedeten sie eine Änderung der Geschäftsordnung.

Union und SPD brauchten neben den Grünen auch die Linkspartei. Anders hätte sie eine Zweidrittelmehrheit nicht zustande gebracht.

Dabei gibt es offiziell seit Jahren, genauer: seit 2018, in der CDU unverändert den „Unvereinbarkeitsbeschluss“. Der untersagt jegliche Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Übrigens analog zur AfD, womit links und rechts außen einander gleichgestellt werden.

Das Verbot ist überholt

Dieses Verbot ist nun aber, was die Linke betrifft, faktisch überholt, im Ganzen nicht mehr praktikabel. Denn sich von Fall zu Fall – und es ist dann jeweils ein großer – der Zustimmung der Linkspartei zu versichern, ihr danach aber wieder die demokratische Gesinnung zu bestreiten, schließt sich aus.

Das wird auch eine Frage des Anstands. Die Linke hat nachweisbar und – im Plenum für alle unüberhörbar ausgesprochen – aus Verantwortung für Deutschland gehandelt. Sie musste dafür nicht mit dieser neuen Regierungskoalition stimmen, um dennoch unserer Demokratie zuzustimmen.

Ein denkwürdiger Tag: Die Linkspartei hat aktiv mitgeholfen, eine Staatskrise abzuwenden. Alles für ein höheres Gut.

Friedrich Merz wird wissen, wem er sein Amt als Kanzler mitzuverdanken hat. Er sollte sich als CDU-Vorsitzender beizeiten daran erinnern – und seiner Partei schon bald das Ende der Unvereinbarkeit vorschlagen.

Korrektur: In einer früheren Version es Artikels stand, die Linke war für die Grundgesetzänderung zur Lockerung der Schuldenbremse in der vorigen Legislaturperiode notwendig. Das stimmt nicht: Diese wurde mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen verabschiedet. Wir haben den entsprechenden Absatz gelöscht.

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