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Meinung: „Dumme Bubenstreiche“

Kurt Krenn versteht die Welt nicht mehr. Seit die ersten Schlagzeilen über den Sexskandal an seinem Priesterseminar in St.

Kurt Krenn versteht die Welt nicht mehr. Seit die ersten Schlagzeilen über den Sexskandal an seinem Priesterseminar in St. Pölten erschienen, wettert der 115 Kilo schwere österreichische Oberhirte gegen Gott und die Welt. „Es ist doch gar nicht viel passiert“, schimpfte er und bescheinigte seinen alarmierten Bischofskollegen per Interview, die ganze Sache gehe sie „einen Dreck“ an.

Für Krenn sind die homoerotischen Feste, die seine Priesterausbilder mit ihren Studenten feierten, „dumme Bubenstreiche“ – mehr nicht. Der 1936 als sechstes Kind einer Lehrerfamilie in Oberösterreich geborene Bischof kann die Aufregung um sein Seminar, in dem sich 40 Kandidaten auf die Priesterweihe vorbereiten, nicht nachvollziehen. Die Presse habe die Ereignisse nur aufgebauscht, um ihm zu schaden, erklärte er, nachdem die Polizei bei den angehenden Priestern tausende aus dem Internet heruntergeladene Pornofotos und Kinderpornobilder beschlagnahmt hatte.

Seine Bischofskollegen sehen das jedoch anders. Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner spricht gar von „einem pastoralen Super-GAU“. Bischof Krenn solle sich eingestehen, dass er krank sei und der Alkohol ihm zu sehr zusetze. „Er muss zur Kenntnis nehmen, nicht mehr in der Lage zu sein, solche Zustände zu verhindern“, sagte Zulehner. Die Konsequenz heiße, „das Amt zu verlassen“.

Für Zulehner und viele andere österreichische Kirchenführer war Krenn, der vor 13 Jahren Diözesanbischof von St. Pölten wurde, von Anfang an eine Fehlbesetzung. 1962 zum Priester geweiht galt Krenn als geistiger Ziehsohn des Wiener Kardinals Hans Hermann Groer. Als ein Pfarrer sich 1998 als Opfer der pädophilen Neigungen Groers öffentlich zu erkennen gab, versuchte Krenn, den Priester seines Amtes zu entheben. Er warf ihm vor, „selbst Sünder zu sein“.

Schon zu Krenns Amtsantritt 1991 kam es in St. Pölten zu wütenden Demonstrationen von Gläubigen. Zwei Jahre später forderten erneut 12 000 Katholiken auf dem Domplatz die Abberufung des ungeliebten Oberhirten durch den Papst. Auch mit seinen Mitbischöfen verdarb es sich Krenn rasch. Mal bescheinigte er ihnen eine „Proletenmentalität“, mal empfahl er ihnen „das Maul zu halten“. Ungezählt sind darum die Vorstöße der österreichischen Bischofskonferenz sowie einflussreicher Äbte der Alpenrepublik in Rom, dem Treiben des eigenwilligen Gottesmannes ein Ende zu setzen.

Bis heute jedoch hat sich der Vatikan stets hinter Krenn gestellt. Und der hat auch in den letzten Tagen keinen Zweifel daran gelassen, dass er von sich aus nicht den Hut nehmen wird. Seine Gegner hoffen nun, dass der jüngste Skandal den Vatikan nun endlich zum Handeln veranlasst. „Wenn in einem Priesterseminar etwas passiert, dann ist für den Vatikan Feuer unterm Dach“, meinte der Sprecher des Wiener Erzbischofs, Kardinal Christoph Schönborn. Doch noch schweigt Rom.

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