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Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist gegen die Vorratsdatenspeicherung.

© dpa

Vorratsdatenspeicherung: Fehlende Daten erschweren Suche nach rechten Tätern

Bei der Suche nach Hintermännern der braunen Terroristen zeigt sich, wie wichtig Vorratsdatenspeicherung sein kann. Der Umgang der Justizministerin mit dem Thema hat gravierende Konsequenzen.

Von Frank Jansen

Der Befund ist deprimierend. Erst waren die Sicherheitsbehörden nicht in der Lage, das mehr als 13 Jahre währende Treiben der rechtsextremen Terrorzelle zu erkennen, nun werden sie auch noch daran gehindert, die vielen Kontakte der militanten Neonazis umfassend und möglichst rasch aufzuklären – um weiterem Schrecken vorzubeugen. Der erste Teil der Malaise ist auf handwerkliche Fehler zurückzuführen, die sich Polizei und Verfassungsschutz geleistet haben, die akuten Probleme bei den Ermittlungen sind jedoch eine Folge politischer Versäumnisse. Das rächt sich, gerade jetzt.

Das Bundeskriminalamt hat bei den Recherchen zu den Telefonaten und E-Mail-Kontakten der Terroristen bereits von sechs Providern zu hören bekommen, alle Daten seien gelöscht. Weitere Unternehmen haben ein paar Tage etwas gespeichert, vielleicht auch mal länger als einen Monat. Einen Vorwurf machen kann den Providern niemand. Da in Deutschland immer noch ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung fehlt, können die Firmen löschen, wie es ihnen beliebt. Dass der Mangel an Daten die Suche nach Hintermännern der Terroristen behindert, geht vor allem auf das Konto von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Ihr an sich ehrenwerter Einsatz für die Freiheitsrechte des Bürgers verkehrt sich beim Thema Vorratsdatenspeicherung ins Gegenteil. Mit gravierenden Konsequenzen.

Der Staat kann seiner Pflicht, die Bürger vor Terror und anderer schwerer Kriminalität zu schützen, nicht in vollem Ausmaß nachkommen – und zwar nicht erst jetzt, wo das Entsetzen über die Taten der braunen Terroristen die Republik aufwühlt. Die freidemokratische Ministerin weigert sich schon seit mehr als anderthalb Jahren, eine Regelung zu Speicherfristen zu erarbeiten, die der Polizei eine Abfrage von Daten aus den vergangenen sechs Monaten erlaubt.

Leutheusser-Schnarrenberger will, nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 2010 das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verworfen hatte, allenfalls ein „Quick-Freeze“-Verfahren akzeptieren. Das wäre nicht mehr als das Einfrieren der an einem Stichtag vorhandenen Daten. Die Innenminister von Union und SPD und die Fachleute der Sicherheitsbehörden raufen sich die Haare. Jeder weiß, was die Justizministerin nicht wahrhaben will: Wer kriminelle Strukturen aufdecken will, muss in die Vergangenheit blicken können, gerade bei Telefon- und E-Mail-Kommunikation. Das wäre auch nach dem Richterspruch möglich.

Die Vorratsdatenspeicherung ist mitnichten das Instrument eines Überwachungsstaates, wie es Teile der FDP und die Piratenpartei behaupten. Die Polizei könnte nur in einem begründeten Verdachtsfall auf Daten zugreifen. Die vielen Millionen unbescholtenen Bürger würden nicht belästigt. Ihre Sicherheit und ihre Freiheit geraten eher in Gefahr, wenn in einer Regierung Sturheit blind macht.

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