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Libyen: Gaddafi scheut vor nichts zurück

Muammar Gaddafi scheint zu ahnen, dass nach Ben Ali und Hosni Mubarak nun die Reihe an ihm ist. Er scheint entschlossen, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.

Muammar Gaddafi ist abgetaucht. Seit seinem kurzen Karnevalszug über den Grünen Platz in Tripolis durch die zusammenkarrten Honorarjubler wurde er nicht mehr gesehen. Er scheint zu ahnen, dass nach Ben Ali und Hosni Mubarak nun auch die Reihe an ihm ist, dem „Führer der Führer Arabiens und König der Könige Afrikas“. Und er scheint entschlossen, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.

Vom ersten Tag des Zorns an ließ Gaddafi sofort scharf schießen – inzwischen richten seine Soldaten und Söldner im Volk ein Massaker an. Der Despot scheut vor nichts zurück, um seine Macht zu retten, die nicht mehr zu retten ist. Lange gefiel er sich in der Rolle des skurrilen Weltlehrmeisters und Politclowns. Zuhause ließ er sich als „Bruder Führer“ verehren, umschwärmt von devoten Hofschranzen, geschützt von einem allgegenwärtigen Geheimdienst.

Paris und Rom ertrugen seine erratischen Staatsbesuche, weil es bei ihm was zu holen gibt. Der Beduinenoberst sitzt auf den größten Ölvorräten in Afrika, er beliefert halb Europa – auch Deutschland und die Schweiz. Doch nun haben seine Untertanen ebenfalls die Nase voll von 42 Jahren Vetternwirtschaft, Inkompetenz und Gängelei, die Libyen zugrunde gerichtet haben.

Mit all seinen Bodenschätzen und seiner für arabische Verhältnisse überschaubar kleinen Bevölkerung könnte das Land eine Insel der Seligen sein. Stattdessen ist es ein ärmlicher, merkwürdig verschrobener Flecken Erde geblieben. Die Jungen wollen nicht mehr. Sie wollen leben, wie ihre Altersgenossen auf der anderen Seite des Mittelmeers. Und sie trauen ihrem „Grünbuch-Vordenker“ mit seiner neo-sowjetischen Alten Garde nicht mehr zu, ihnen eine lebenswerte Zukunft zu eröffnen.

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