
© dpa/Kay Nietfeld
Eine Gesellschaft braucht Kompromisse: Die Grünen leben den Widerspruch vorbildlich vor
Es kommt nicht auf die Quantität, sondern die Qualität der eigenen Meinung an. Das zeigen die Grünen auf ihrem Parteitag – ob zum Ukrainekrieg oder zu den AKW-Laufzeiten.

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Am Grünen-Parteitag sieht man, wie wichtig Widerspruch ist. Denn in der Abgrenzung schärft die eigene Meinung sich auch. Ob zum Ukrainekrieg oder zu den AKW-Laufzeiten – es kommt nicht auf die Quantität, sondern die Qualität an. Die Grünen wirken da vorbildlich.
Die Zivilgesellschaft lebt vom Austausch an Argumenten, manchmal auch buchstäblich: Meinungen ändern sich anhand des Vorgetragenen. Und sie lebt vom Kompromiss – für den die Kenntnis der unterschiedlichen Positionen nötig ist, um sie zusammenführen zu können. Was sich wiederum, siehe die Grünen, befriedend auswirkt.
Die Technik spielt dabei schon eine Rolle, die der Veranstaltungs- oder Konferenzleitung und der Kompromissfindung. Ein Lob des Kompromisses: Wenn es dazu (Vor-)Gespräche in kleinem und kleinsten Kreis gibt, so handelt es sich nicht um Zirkel, die um sich selbst kreisen, sondern um Politik in gutem Sinn.
Polis und Agora, von den alten Griechen bis heute: Bereite vor, wozu du Menschen rufst, auf dass sie dir folgen mögen oder ihre Stimme geben wollen. „Das große Gespräch der Gesellschaft“, das Willy Brandt immer vorschwebte, dem bedeutenden Sozialdemokraten, der „mehr Demokratie wagen“ wollte, ist anders nicht zu erreichen. Denn es ist ein Weg mit Zwischenstationen. Das große Sich-Zusammensetzen, um sich auseinanderzusetzen, beginnt doch oft genug mit kleineren Diskursen.
Das ist heute umso wichtiger, als die Herausforderungen so groß sind. Die Welt ist im rasanten Wandel, nahezu überall. Also: Die andere Meinung zu denken, ist das Erste. Die andere Meinung zu sagen, wäre dann das Zweite. Sie zu hören, wäre dann aber wiederum nicht das Letzte, damit alles zusammen weiterführt. Zum Guten, wenn es gelingt. Und gelingen muss es, damit Zukunftsgestaltung möglich bleibt.
Realismus muss herrschen, dann kann es Diskurs geben, sogar – wie „Bundesphilosoph“ Jürgen Habermas es uns allen wünscht – einen herrschaftsfreien. Der „zwanglose Zwang des Arguments“ sollte dafür keine allzu große Besonderheit sein. Vielmehr kann, danach zu streben, zu einer Ethik des Widerspruchs beitragen. Die Grünen haben ein Beispiel gegeben. Für die suchende Republik in diesen Zeiten war auch das wichtig.
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