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Meinung: Gott, Glaube, Drangsal

Die christlichen Amtskirchen legen einen Bericht zur Lage der globalen Religionsfreiheit vor

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Am Anfang des arabischen Frühlings stand der Anschlag auf eine christlich-koptische Kirche in Ägypten. Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz stritten für demokratische Rechte und für die freie Religionsausübung. Religiöse Minderheiten sollten künftig ohne Lebensgefahr und ohne Anfeindungen beten können. Heute müssen die Kopten in Ägypten noch schlimmere Anfeindungen und Drangsalierungen erdulden als vor drei Jahren. Das ist ein Ergebnis des ersten Ökumenischen Berichts zur Lage der Religionsfreiheit in der Welt, den die beiden Amtskirchen am Montag vorgestellt haben.

Aber nicht nur den Kopten geht es drei Jahre nach Beginn des arabischen Frühlings nicht gut, sondern auch muslimische und andere religiöse Minderheiten sind in den nordafrikanischen Staaten bedroht – mit Ausnahme vielleicht in Tunesien. Und der demokratische Aufbruch ist gescheitert. Diese drei Phänomene hängen eng zusammen, auch das sind zentrale Ergebnisse der neuen Studie: Dort, wo auf der Welt Christen bedrängt und verfolgt werden, sind auch die Rechte der anderen Minderheiten eingeschränkt. Religionsfreiheit und Demokratie sind eng miteinander verknüpft.

Es ist ein Verdienst der Kirchen, dass sie mit dieser Untersuchung den Blick weiten – weg von der reinen Christenverfolgung, hin zur Lage der Religionsfreiheit allgemein. So entkräften sie den Vorwurf, reine Klientelpolitik zu betreiben. Und nur mit dem Blick auf religiöse Minderheiten an sich bekommt das Thema die globale Relevanz, die es verdient.

Denn Religionsfreiheit ist kein exklusives Recht des christlichen, gar des westlichen Clubs, sondern ein elementares Menschenrecht, das allen Menschen zusteht, egal an welchen Gott sie glauben oder welche Riten sie beschwören. Christen gegen Muslime, Muslime gegen Buddhisten, Muslime gegen Muslime auszuspielen, wie es in dem ideologisch verminten Bereich von Religion oft geschieht, schmälert die Versuche, dagegen etwas zu unternehmen.

Viel wurde in letzter Zeit gestritten über die weltweiten Rechte von Frauen und von Homosexuellen. Die Rechte von religiösen Menschen sind genauso wichtig und sollten in der Außenpolitik endlich eine angemessene Rolle spielen. Dass es um die Religionsfreiheit in immer mehr Staaten schlecht bestellt ist, müsste die Bundesregierung alarmieren.

Die USA sind der einzige westliche Staat, der sich im Außenministerium eine Beobachterstelle leistet, die festzustellen versucht, wo und wie die Religionsfreiheit verletzt wird. Das muss die deutsche Politik nicht nachmachen, aber sie sollte das Feld nicht den USA überlassen – und auch nicht nur den Konservativen. Das Engagement für die Religionsfreiheit ist ein Einsatz für die Demokratie. Das sollte Anlass genug sein für Wettbewerb um den besten Platz.

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