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Zine el Abidine Ben Ali.

© Reuters

Zine el Abidine Ben Ali: "Ich verstehe die Tunesier"

Er weiß, wie man ein Volk knechtet und die Opposition zum Schweigen bringt. Schließlich hat Zine el Abidine Ben Ali dieses schmutzige Handwerk von der Pike auf gelernt und schon praktiziert, bevor er sich 1987, nach einem unblutigen Putsch, selbst zum Präsidenten machte.

Mit 28 Jahren wurde der ehrgeizige Offizier schon Chef des militärischen Geheimdienstes. An der Spitze des alles kontrollierenden Staatsicherheitsdienstes lernte er dann, wie man Aufstände brutal niederschlägt.

Doch dieser Aufstand, wie ihn der allmächtige Ben Ali, der sich mit einem gottähnlichen Kult umgab, in seiner 23-jährigen Amtszeit nie erlebt hatte, bereitete seiner Herrschaft ein Ende: Viele seiner allerorten hängenden Fotos gingen seit Tagen in Flammen auf. Hunderttausende Demonstranten im ganzen Land skandierten auf den Straßen: „Schluss mit der Diktatur!“ Gut einen Monat nachdem Studenten und arbeitslose Akademiker mit ihren Protesten gegen das Regime sowie „gegen Elend und Arbeitslosigkeit“ begannen, hat die Revolte den Charakter eines Volksaufstandes bekommen, der nicht mehr nur von der jungen Generation getragen wird. Offenkundig hatten die 10,5 Millionen Tunesier ihre Angst vor Ben Ali und seinem berüchtigten Unterdrückungsapparat verloren. Seit 1987 war der 74-jährige General an der Macht, er baute das frühere französische Protektorat und heutige Urlaubsparadies zu einem Polizeistaat aus. Ein Wüstenreich, in dem unbequeme Oppositionelle, Menschenrechtler und kritische Journalisten ins Gefängnis gesteckt oder ins Exil getrieben wurden. In dem niemand mehr wagte, offen seine Meinung zu sagen.

Am Freitag kündigte Ben Ali noch Neuwahlen für Mai an. Vorher hatte er in einer Fernsehansprache wirtschaftliche Reformen, mehr Freiheiten, seinen mittelfristigen Abtritt im Jahr 2014 versprochen und erklärt: „Ich habe das Innenministerium angewiesen, künftig auf ungerechtfertigte Waffengewalt zu verzichten.“ Und: „Ich verstehe die Tunesier, ich verstehe ihre Forderungen.“ Am Abend sagte dann der – zuvor angeblich entlassene – Ministerpräsident, er übernehme vorübergehend das Amt des Staatspräsidenten. Da saß Ben Ali schon im Flugzeug, offenbar Richtung Paris. Auch wenn nun die politische Opposition sich nach jahrelanger Unterdrückung erst einmal neu formieren und ihre Leitfiguren finden muss: Die Tage des Machthabers Ben Ali sind gezählt.

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