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Meinung: Jeder trauert anders

„Das Recht auf die eigene Geschichte“von Ina Weisse vom 25.NovemberFrau Steinbach ist für die polnische Seite zur Reizfigur geworden, nicht weil sie blond und groß ist, sondern weil sie 1991 gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze durch das vereinte Deutschland gestimmt hat.

„Das Recht auf die eigene Geschichte“

von Ina Weisse vom 25.November

Frau Steinbach ist für die polnische Seite zur Reizfigur geworden, nicht weil sie blond und groß ist, sondern weil sie 1991 gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze durch das vereinte Deutschland gestimmt hat.

Vor dem Hintergrund der polnischen Geschichte der letzten 300 Jahre, die nach jeder kriegerischen Auseinandersetzung mit seinen Nachbarn stets durch Teilungen, Grenzverschiebungen und Territorialverschiebungen gekennzeichnet war, sind stabile, von den Nachbarn garantierte Außengrenzen eine hochgradig sensible Angelegenheit. Wer das nicht erkennt und akzeptiert hat aus der Geschichte nicht die richtigen Schlüsse gezogen und disqualifiziert sich selbst für den Beirat der Stiftung. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich in den Reihen des Bundes der Vertriebenen kein zweiter, geeigneter, Kandidat für den Beiratsplatz finden lassen soll.

Frau Steinbach bewertet ihre ehrgeizigen persönlichen Ambitionen höher, als eine schnelle Klärung der Besetzung des Beirats durch den Bund der Vertriebenen. Dieses Projekt ist im Sinne aller Vertriebenen in Europa aber viel zu wichtig in der Erinnerung an die Vertreibung und der Versöhnung als das die deutsche Regierung dem Ehrgeiz einer einzigen Frau nachgibt und die Zukunft des Projektes schon beim Start unnötig diplomatisch belastet. Niemand will die Vertreibung vergessen, aber die Erinnerung daran hängt nicht von einem Platz im Beirat der Stiftung für Frau Steinbach ab.

Klaus-Dieter Busche, Berlin-Fennpfuhl

Die Schwester meines Vaters wurde mit ihrem Mann und ihrer siebenjährigen Tochter 1941 von Berlin nach Lodz, das die Nazis Litzmannstadt nannten, deportiert, weil sie Juden waren und vorher ihre Arbeit, ihre Wohnung und alle bürgerlichen Rechte verloren hatten. Dort wurden sie vermutlich in ein Ghetto gepfercht und später erschossen, ja, auch das kleine Kind. Gaskammern gab es noch nicht. Immerhin sind dort etwa 300 000 Juden umgekommen.

Wenn die Mutter von Ina Weisse heute so sehnsuchtsvoll nach Lodz blickt, so vermutlich auf das gute Leben, das die deutschen Besatzer damals in Polen genossen.

Wir haben von meiner Familie und deren Verbleib trotz aller Recherchen nie wieder etwas gehört. Der Name der Stadt Lodz ist daher für mich ein Synonym für Trauer.

Jeder trauert eben anders.

Dr. Ursula Klein,

Berlin-Charlottenburg

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