zum Hauptinhalt

Bundeswehr: Kein Amt für Leichtmatrosen

Das sind doch alles durchsichtige Manöver. Der Bundesminister der Verteidigung übt sich jetzt in der Ablenkung. Schickt, frei nach Hannibal, ein paar Elefanten über die Alpen, damit sich alle Augen auf die richten. Dass er jetzt, vorzeitig, die Grundwehrdienstzeit verringern will, ist so ein Beispiel.

Natürlich ist das im Koalitionsvertrag niedergelegt; aber erstens kann der nicht immer gleich umgesetzt werden, wie am Thema Steuern zu erleben, zweitens gilt es auch noch so etwas wie die Auswirkungen auf den Zivildienst zu beachten. Und ohne Zivis bricht doch alles im Bereich Pflege zusammen. Also, kein guter Grund spricht dafür, über Nacht solche Veränderungen in Gang zu setzen – außer einem: Der Verteidigungsausschuss tagt jetzt als Untersuchungsausschuss zum Thema Kundus, Afghanistan, und da ist der Minister verwundbar. So verwundbar, dass er sich zu immunisieren versucht, nach dem Motto: Seht her, ich bin so wichtig, ich muss die Bundeswehr umbauen, da dürft ihr an mich, den Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, nicht heran, das schwächt nur die Truppe.

Die ist aber schon geschwächt. Was Karl-Theodor zu Guttenberg mit dem inzwischen verabschiedeten Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und mit Staatssekretär Peter Wichert veranstaltet hat, wird Spuren hinterlassen. Klar, er konnte sie ablösen, dafür gäbe es schon ein paar richtige Gründe, aber doch nicht so. Wer in verantwortlichen Stellen bei der Bundeswehr kann jetzt noch mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Minister eine Lage erst beurteilt, sich dann entschließt und dabei bleibt? Das, was geschehen ist, erinnert ein bisschen an den Liedermacher Ulrich Roski und einen Song aus den 70ern mit dem schönen Spruch „Seid nicht feige Leute, lasst mich hintern Baum“. Und wer das kritisiert, der bekommt die Papiere. Soll das alles sein, was von der Inneren Führung übrig geblieben ist? Wo sind, nur am Rande, eigentlich die Kollegen des einen kritischen Generals, die die Lage in Afghanistan und darüber hinaus, nämlich in der gesamten Bundeswehr, nicht weniger kritisch sehen?

Abgesehen davon, dass es auch für sie eine Pflicht zur Kameradschaft gibt – sie wissen doch alle, wie es ist: zu wenig Geld für das, was sie zu tun haben, zu wenig Planungssicherheit. Immer neue Pläne, jetzt schon wieder einer, Landesverteidigung light. Den Auftrag, den die Streitkräfte haben, neu zu fassen, ja, das wäre wirklich sehr nötig, schon seit Jahren im Übrigen. Die Bundeswehr umbauen, aber ja doch. Immer mehr Anforderungen bei weniger Leuten, immer mehr im Ausland mit immer mehr Aufwand, das kann nicht gutgehen. Und gestorben wird jetzt auch. Was der scheidende Wehrbeauftragte erfahren und aufgeschrieben hat, ist doch insgesamt gesehen ein Papier der Schande. Die Not an allen Fronten, oft beklagt, ist jetzt besonders gefährlich, wo die Bundeswehr zusätzlich auch noch Krieg führen muss.

Das Verteidigungsministerium ist kein Amt für Leichtmatrosen. (Hätte Edmund Stoiber sagen können. Oder Horst Seehofer.) Nichts für die, die immer schon alles wissen. Ein neuer Ressortchef hatte die große Chance, nach vorheriger Erkundung einen unnachsichtigen Status herzustellen. Allein schon dieser Torso Sanitätswesen: ein Skandal. Dann hätte er wenigstens einen Grund gehabt, Generäle zu entlassen. Die Bundeswehr heute ist einsatzbereit, unbedingt. Einsatzfähig ist was anderes. Nur gut, dass Guttenberg eine neue Abteilung einrichtet, die sich um sein Ansehen kümmern soll.

Zur Startseite