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Pakistans Premier Raja Pervez Ashraf.
© dpa

Pakistan: Kein Heil in der Krise

Der Kampf um die Macht in Pakistan geht in eine weitere Runde - und alle schauen gespannt, ob das mächtige Militär wieder mal aus der Deckung kommt.

Krise in Pakistan! Krise in Pakistan? Der nächste Akt im Kampf um die Macht im Atomstaat ist auf den ersten Blick atemberaubend: Das oberste Gericht fordert die Festnahme des Premiers, während der gerade erst aus Kanada zurückgekehrte Geistliche Qadri mit Hunderttausenden im Gefolge die Machthaber herausfordert. Eine sehr pakistanische Variante der Krise.

Die Wahl des Mittels durch den obersten Richter – 16 Männer sollen ohne Ansehen des Amts sofort wegen Korruption festgesetzt werden – mutet ungewöhnlich an. Aber hatte jemand geglaubt, Richter Chaudry werde seinen Zug gegen die Regierung aufgeben, nachdem er bereits beharrlich den Vorgängerpremier Gilani aus dem Amt expediert hatte? Alle kennen die Korruptionsvorwürfe gegen Premier Ashraf, aber einen weniger belasteten hatte Präsident Zardari offensichtlich nicht gefunden. Selbst wenn ihm auch dieser Premier abhanden kommen sollte, muss das nicht das Ende der Regierung sein. Schon vergangenes Jahr gab es kurzerhand einen neuen Premier. Nun ja, es hat ein bisschen gedauert, weil ein anderer Kandidat noch belasteter war. Eher fragt sich: Wer ist jetzt noch übrig?

Aber auch der als „Mr. zehn Prozent“ titulierte Präsident, der diesen Anteil immer bei Geschäften abgezweigt haben soll, hält sich bisher. Und selbst in hochrangigen Kreisen der islamischen Republik wird schon mal geunkt, wir tun nur so, als seien wir religiös – schließlich verstoße Korruption ebenso gegen die religiösen Regeln wie die Lügen, um sie zu vertuschen. Viele Pakistaner sind auch deshalb mit ihrer politischen Führung unzufrieden. Nein mehr, sie verachten sie. Und das gilt nicht nur für die derzeit Regierenden.

Das – und vor allem die massiven Probleme mit der Armut großer Bevölkerungsteile, einem wirtschaftlichen Fiasko, ständigen Stromausfällen und einer steigenden Zahl extremistischer Anschläge – dürfte ein Grund sein, warum der Prediger Qadri mit seinen Attacken auf die Regierung so rasch so großen Zulauf hat. Die Menschen wünschen sich einen Heilsbringer. Denen, die schon auf der Bühne sind, trauen das die meisten nicht zu. Andere meckern, leben aber im System zu gut, um selbst etwas zu tun. Auch Ex-Cricketstar Imran Khan scharte Massen Unzufriedener hinter sich, gilt vielen inzwischen aber ebenfalls als ein versteckter Mullah.

Die Heftigkeit, mit der die Regierung Zardari auf Qadri reagiert, spricht für eine gewisse Unruhe. Eigentlich muss die Regierung nur noch ein paar Wochen durchhalten, um als erste zivile eine ganze Legislaturperiode geschafft zu haben. Dann müsste eine Übergangsregierung bis zu den nächsten Wahlen gebildet werden. Viele im Land fürchten, das Pflänzchen einer langsam keimenden Demokratie könnte jetzt zugrunde gehen. Alle schauen gespannt, ob das mächtige Militär wieder mal aus der Deckung kommt. Allerdings müsste es dann auch Verantwortung für all die Probleme übernehmen. Ob es dazu wirklich bereit ist?

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