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 Eva Kaili, griechische Vizepräsidentin des EU-Parlaments, ist wegen Korruptionsvorwürfen suspendiert.

© Imago/Dwi Anoraganingrum

Korruptionsskandal im EU-Parlament: Davon wird sich die Politik lange nicht erholen

Die Kontrollmechanismen des Parlaments haben versagt. Europaweit müssen zudem die Lobby-Regeln verschärft werden. Denn neuerdings bestechen Staaten.

Ein Kommentar von Knut Krohn

Der Korruptionsskandal im Europarlament ist eine politische Katastrophe. Nicht nur für die EU, sondern für die gesamte Demokratie. Die schlimmsten Vorurteile über vermeintlich raffgiere Politiker und bürgerferne demokratische Institutionen, die zu Selbstbedienungsläden verkommen, scheinen bestätigt.

Eine solche Sichtweise wird auch nicht durch den Hinweis entkräftet, dass die allermeisten Abgeordneten hart um politische Inhalte kämpfen und viele sich im Dienst für ihre Wähler geradezu aufreiben. Dieser Korruptionsskandal wird die Politikverdrossenheit der Menschen weiter befeuern.

Müßig ist auch der Einwand, dass die Aufdeckung der wahrscheinlichen Schmiergeldzahlungen an die Vizepräsidentin des europäischen Abgeordnetenhauses durch die Polizei ein Beweis dafür ist, dass die demokratischen Kontrollmechanismen funktionieren.

Nicht nur das EU-Parlament muss sich Fragen stellen

Vor allem das Parlament in Brüssel muss sich nun einige unangenehme Fragen stellen. Wieso haben die eigenen Sicherungssysteme kläglich versagt? Wie konnte eine ihrer höchsten Repräsentantinnen offensichtlich bestochen werden, ohne dass irgendjemand Verdacht geschöpft hat? Muss nach diesen Erfahrungen der Kampf gegen die Korruption in den eigenen Reihen neu definiert werden?

Der Skandal ist zudem ein Warnschuss für alle anderen europäischen Parlamente. Das gilt auch für den Deutschen Bundestag, in dem mehr Lobbyisten einen Hausausweis haben als das Parlament insgesamt Abgeordnete hat. Und die Aufregung um verschiedene Masken-Deals während der Corona-Pandemie zeigen, dass sich die Probleme bis auf die Ländereben ziehen.

Es stellt sich die Frage, wieso es etwa so schwierig ist, wirklich transparente Lobby-Register einzuführen. Auch die Verhaltensregeln für ehemalige Abgeordnete müssen wohl unter die Lupe genommen werden.

Der Skandal in Brüssel beweist auch, dass das Problem längst viel weiter gefasst werden muss. Es versuchen inzwischen nicht nur Wirtschaftsunternehmen direkten Einfluss auf Entscheidungsprozesse oder die Meinungsbildung in den Parlamenten zu nehmen. Längst mischen auch Staaten von zweifelhaftem Ruf kräftig mit.

Es gehört zu den grundsätzlichen Errungenschaften der Demokratie, dass die gewählten Volksvertreter ihre Entscheidungen im Parlament frei fällen können. Verlieren sie diese Fähigkeit – sei es durch politischen Druck, finanzielle Einflussnahme oder Androhungen von Gewalt – ist die Demokratie in Gefahr.

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