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Meinung: LANDTAGSWAHLEN IN HESSEN UND NIEDERSACHSEN Ist die SPD überflüssig?

Unser Leser Rasmus Ph. Helt sieht bei den Sozialdemokraten ein geistiges Vakuum. Der SPD-Generalsekretär Olaf Scholz antwortet

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Betrifft: Die SPD im Abwärtstrend

Der Niedersachse Gerhard Schröder und „Hannover 96“ haben eines gemeinsam: Beide kämpfen gegen den Abstieg. Während der FußballVerein von der Leine aus seinen Fehlern zu Beginn der Saison gelernt hat, und sich wieder auf das eigentlich wichtige – das Erzielen guter Ergebnisse – konzentriert, rennt der Bundeskanzler und SPD-Vorsitzende weiter blind an.

Gerhard Schröder ist gewillt, es möglichst vielen Menschen recht zu machen und erreicht dadurch nur genau das Gegenteil. Ein roter Faden, der erkennen lässt, wofür die SPD im 21. Jahrhundert steht, ist nicht erkennbar. Die Partei leidet unter einem dramatischen inhaltlichen Defizit. Nicht mehr politische Visionen, allein Personen prägen ihr Erscheinungsbild. Nach Oskar Lafontaines vorläufigem Abschied aus der Bundespolitik ist ein geistiges Vakuum entstanden, das bis heute anhält. Selbst einfache Partei-Mitglieder haben Probleme, zu erklären, wozu es noch einer starken SPD bedarf. Will die SPD den Weg aus dem gesellschaftlichen Abseits finden, so muss sie vor allem eines tun: mit Reformen bei sich selbst beginnen!

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Sehr geehrter Herr Helt,

die Saison in der Bundespolitik dauert noch dreieinhalb Jahre. Das ist sicherlich keine lange Zeit, aber wir werden sie nutzen, um politische Erfolge zu erzielen. Wir nehmen das Warnsignal sehr ernst, das die Menschen in Niedersachsen und Hessen uns gegeben haben. Gleichzeitig spornen uns die Niederlagen bei den Landtagswahlen natürlich auch an.

Wir müssen die große Linie unserer Politik in der Öffentlichkeit besser erkennbar machen. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern erklären, dass die sozialen Sicherungssysteme schnelle und entschlossene Reformen brauchen, um unter den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen bestehen zu können. Erneuerung für soziale Gerechtigkeit – das ist das Markenzeichen der SPD.

Wir sind überzeugt, dass die Mehrheit der Bürger bereit ist, Veränderungen zu akzeptieren, wenn erkennbar wird, dass diese Voraussetzung für zukünftiges Wachstum und für neuen Wohlstand sind.

Der rote Faden unserer Politik kann so beschrieben werden: Wir schaffen mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt bei Wahrung der Arbeitnehmerrechte: z.B. jetzt durch die Ausweitung der Leiharbeit und den small-business-act. Wir reformieren die sozialen Sicherungssysteme weiter, um die Beiträge zu stabilisieren – wie schon bei der Rente, jetzt auch im Gesundheitssystem. Wir senken die Steuersätze 2004 und 2005 für Arbeitnehmer, Familien und Mittelstand noch einmal. Das alles schafft Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung.

Übrigens: Nicht jede Vision ist auch eine gute Medizin für unser Land. Das süße Gift vermeintlicher, linksoppositioneller Klarheit werden wir nicht schlucken.

Es wird sich zeigen müssen, ob die Interessengruppen in Deutschland bereit sind, nicht nur ihre eigene Klientel, sondern das Gemeinwohl in den Blick zu nehmen. Und auch die Union kann sich jetzt nicht mehr auf eine Blockade zurückziehen, sondern muss im Interesse des Landes mitarbeiten. Wir werden sie daher bei der Gesundheitsreform zu Konsensgesprächen einladen.

Die Rolle der SPD wird sich in den kommenden Monaten nicht auf die Begleitung und die Vermittlung der Regierungspolitik beschränken. Wir werden weitergehende programmatische Perspektiven liefern. Die SPD ist eine aktive und lebendige Partei, in der die besten Konzepte für die Zukunft entwickelt und diskutiert werden müssen. Wir laden alle ein, sich daran konstruktiv zu beteiligen.

Ihr Olaf Scholz, SPD-Generalsekretär

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