zum Hauptinhalt

Lesermeinung: 50. Jahr des Mauerbaus als Feierstunde?

SPD lädt zur „Feierstunde“ in die Sacrower Heilandkirche, der „Kahn der fröhlichen Leute“ legt am 12. um 12 Uhr vom Potsdamer Stadthafen abDer Brandenburgische Ministerpräsident möchte, dass Opfern der SED-Diktatur irgendwie geholfen wird.

Stand:

SPD lädt zur „Feierstunde“ in die Sacrower Heilandkirche, der „Kahn der fröhlichen Leute“ legt am 12. um 12 Uhr vom Potsdamer Stadthafen ab

Der Brandenburgische Ministerpräsident möchte, dass Opfern der SED-Diktatur irgendwie geholfen wird. Dass man Opfer nicht erneut verletzen darf, weiß jedes Kind.

Aber anlässlich der 50. Wiederkehr des Tages, an dem die SED sich und ihr Volk einmauerte, will das Kabinett einen Dampferausflug mit dem Ziel Heilandkirche im nördlichen Stadtteil Sacrow machen. Dazu wurden limitiert Einladungen verschickt, die als persönlich und nicht übertragbar deklariert und zudem mit dem Hinweis versehen sind, dass keine Gäste mitgebracht werden dürfen.

Dass ein zur Hälfte gottloses Kabinett sich in einer entlegenen Kirche zur „Feierstunde“ (O-Text) aus angegebenem Anlass versammelt, kann mit dem üblichen Missverständnis von brandenburgischer Toleranz-Tradition erklärt werden, aber was um Gottes Willen gibt es da zu feiern? Wo doch alle Welt an diesem Tag zum „Gedenken“ mahnt. Bedenkt man indes, dass die Genossen der Linkspartei ihre politische Karriere dem Bau der Mauer zu verdanken haben, wird die „Feierstunde“ durchaus plausibel. Da ist es fürsorglich von den SPD-Genossen, ihren Partner das ohne Publikum tun zu lassen. Womöglich fühlen sich die Opfer davon erneut verletzt, die unbedingt in ihrer Opferrolle zu bleiben haben, damit sie auf solche Zumutungen nicht als die „Sieger der Geschichte“ reagieren, die sie ja tatsächlich sind.

Bleibt nur noch zu klären, warum der „Kahn der fröhlichen Leute“ am 12. um 12 Uhr vom Potsdamer Stadthafen an der Langen Brücke nach Sacrow fährt und nicht am 13. August. Halten wir zugute, dass die Volksvertreter sich am 13. unter die Bürgerschaft mischen wollen, wenn an der Glienicker Brücke des unseligen Mauerbaus gedacht und mit dem anschließenden Konzert an die Möglichkeit erinnert wird, dass auch in der Diktatur ein kreatives widerständiges Leben versucht werden muss. Bettina Wegner, Stephan Krawczyk und Salli Sallmann haben die Kultur des Landes DDR bereichert – um den Preis ihrer Ausbürgerung.

Bob Bahra, Langerwisch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })