Lesermeinung: Alt- und Neubürger
Zu: „Befindlichkeiten“, 20.11.
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Zu: „Befindlichkeiten“, 20.11. In der Tat, die Potsdamer reagieren schnell, wenn in der Stadt etwas „aus dem Ruder läuft“. Es stellt sich die Frage: Wer ist Altbürger, wer Neubürger ? Ich sah bisher den Unterschied zwischen „Alt- und Neupotsdamern“. Die einen mit der Erinnerung an das zerbombte Potsdam und dem Wunsch, Historisches zu erhalten, Zerstörtes wieder herzustellen. Die anderen „Neupotsdamer“, in der DDR-Ära zugezogen in die Bezirkshauptstadt, die Stadt der Funktionäre. Mit ihren Familien zugezogen , privilegiert mit Wohnraum, Einkaufsmöglichkeiten, finanziell sichergestellt. Sie wurden in den Villen der vertriebenen „Altbürger“ – besonders im Grenzgebiet von Westberlin – angesiedelt. Dieser Bevölkerungsanteil, gewachsen aus einer Funktionärsclique hatte keine Bindung zum historischen Potsdam. Hier ist deshalb auch der Widerstand gegen die Bestrebungen , Potsdams historisches Zentrum original zu gestalten, zu finden. In einen Topf kann man beide Gruppen nicht werfen. Als „Neubürger“ werden die nach der Wende Zugezogenen gesehen, also die Beamten samt Familien, überwiegend aus dem Partnerland NRW, die beim Aufbau unserer Regierungs- und Verwaltungsstrukturen halfen, also die Heimkehrer, die Altbesitzer von Grundstücken. Schließlich neuerdings auch Bürger, die einfach die Wohnqualität Potsdams so hoch einschätzen, dass sie hier leben wollen. Diese differenzierte Bevölkerungsstruktur führt zu Spannungen und „Befindlichkeiten“. Wertevorstellungen, basierend auf Privatbesitz oder auf dem Prinzip der „Vergesellschaftung aller Produktionsmittel und Eigentumsformen“ treffen hier aufeinander. Ob Uferweg am Griebnitzsee, ob Stadtschloss, ob Badeleben im Neuen Garten, Hundeauslauf im Park Babelsberg - immer ist eine historisch gewachsene Grundeinstellung der Bürger die Ursache. Die im Artikel aufgeworfene Frage, „Was der Hundezwinger mit dem Uferweg zu tun hat“ ist eben nicht nur mit einer unterschiedlichen Sicht von „Alt- und Neubürgern“ zu beantworten. Hier ist Toleranz gefragt. Doktor H. Röpke, Potsdam
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