Lesermeinung: Ämter in der NS-Zeit
Zu: „Furchtbare Diplomaten“, 28.10.
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Zu: „Furchtbare Diplomaten“, 28.10. 2010
Das Einzige, worüber man sich in dieser Sache noch wundern kann, ist, dass auch 65 Jahre nach Kriegsende immer noch keine „A-A-Krähe“ der anderen das Auge aushackt. Nicht aber darüber, dass Hitlers totalitäres Regime auch das Außenministerium gleichschaltete und dort sehr viele willige Helfer fand. Wenn man die Staatsjuristen – Richter und Staatsanwälte aus der Nazi-Zeit – daraufhin untersuchen würde, wäre der Skandal noch größer: fast alle überdauerten, unbehelligt als wohlbestallte Beamte, nicht nur in der Provinz. – Wer von den Westdeutschen will da noch – nur 20 Jahre nach der Wende – mit den Fingern auf die SED-Seilschaften zeigen, die selbstverständlich belangt werden müssen?
Hans-Dieter Zinnäcker, Werder/Havel
Zu: Moshe Zimmermann über die Radikalisierung der Eliten und die Aufarbeitung“, 25.10. 2010
Der Koordinator einer Historikergruppe ist erschrocken über das Ausmaß der Kooperation einer nationalkonservativen Oberschicht in Deutschland mit dem Naziregime. Wie viel größer müsste eigentlich sein Erschrecken über die unbehelligte Weiterexistenz dieser Verbrecher in Ämtern der Westzonen und der Bundesrepublik Deutschland sein. Aber es wäre pure Heuchelei, als Historiker weiß er natürlich Bescheid, sonst wäre er ein schlechter Historiker. Ich empfehle allen Unwissenden das Studium des „Braunbuch Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Berlin(West)“, herausgegeben 1968 (!) in der DDR, als Reprint erhältlich. Es geht hier nicht nur um das Auswärtige Amt, sondern um Nazijuristen, welche in stiller Übereinkunft mit dem Establishment alle Aufklärung verhinderten, um schwer belastete Leute in Wirtschaft, Polizei, Armee, nicht zuletzt im Staatsapparat: SS- Mörder und Naziführer. Nicht mal ein Herr Adenauer schämte sich, mit Herrmann Josef Abs, genannt „Steigbügelhalter Hitlers“, eine herzliche Freundschaft zu pflegen. Es ist noch viel zu tun, aber in über sechzig Jahren ist nicht viel passiert; ab und zu wird noch ein Neunzigjähriger zu Gericht geladen, die wirklich Wichtigen haben es überstanden.
Heinz Schmidt, Kleinmachnow
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