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Lesermeinung: „Baukörper“

Zu: „Strabag baut neuen Ministeriumssitz“, 19.4.

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Zu: „Strabag baut neuen Ministeriumssitz“, 19.4.

Es gab mal eine Zeit, da übernahm der öffentliche Bauherr eine Vorbildfunktion für die Qualität von Architektur. Heue scheinen einfache Regeln der Konzeptfindung, sich mit dem Spezifischen des Ortes auseinanderzusetzen, darauf zu reagieren oder das Vorhandene zu interpretieren, nicht mehr zum Vokabular in der täglichen Architektur zu gehören. Scheinbar ist den beauftragten Architekten die Sprache abhanden gekommen. Die sprachliche Reduktion von „Haus“ auf „Baukörper“, in der Presse so treffend als „Fünfgeschosser“ bezeichnet, oder von „Fenster“ und „Tür“ auf „Öffnung“ legt die Vermutung nahe, dass Regeln von Struktur, Gliederung, Proportion und Adresse keine zentrale Rolle mehr spielen.

Wenn die Austauschbarkeit von Ort und Tradition sichtbar werden, Identität und Unverwechselbarkeit leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, Gewerbegebietsarchitektur anstelle von städtischer Architektur tritt, dann hinterlassen wir unseren nachfolgenden Generationen sinnentleerte und banalisierte Innenstädte.

Bauen bedeutet auch, kulturelle Verantwortung zu übernehmen, nicht nur für das Jetzt, sondern vor allem für die Zukunft.

Prof. Ludger Brands, Potsdam School of Architecture

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