Lesermeinung: Brockesche Haus ist angemessener Ort für Potsdam-Museum
Investor will Brockesches Haus als Hotel, 12.11.
Stand:
Investor will Brockesches Haus als Hotel, 12.11. 2007
Was muss der Investor Lorenz Bruckner eigentlich noch tun, um bei offiziellen Vertretern der Stadt, allen voran dem Oberbürgermeister und der Kulturbeigeordneten, endlich ein Gefühl der Scham hervorzurufen. Die Fassade des Brockeschen Hauses eigenhändig streichen und das Ganze anschließend der Kommune für einen symbolischen Euro schenken? Soweit ich weiß, lässt man ihn jetzt seit eineinhalb Jahren vor der Tür stehen wie einen derangierten Staubsaugervertreter und hofft auf der anderen Seite, dass er doch bitte bald verschwinden möge, weil er erstens nervt und zweitens schon die Nachbarn gucken. In der ganzen Zeit gab es seitens der Stadt kein klares Ja oder Nein zu seinem Angebot, das Brockesche Haus für das Potsdam-Museum zur Verfügung zu stellen.
Aber die Stadt war nicht untätig: Sie gibt bei einem renommierten, sprich: ziemlich teuren, Büro ein Gutachten in Auftrag, welches, nachdem es viel zu spät eingereicht wurde, stümperhaft war und nachgebessert werden musste. Das Brockesche Haus ist der angemessene Ort für das Potsdam-Museum, und nicht das Alte Rathaus, das vermutlich nur so lange von der Stadt hochgehalten wird, bis sich der Konkurrent von selbst erledigt hat. Das Brockesche Haus hat im Gegensatz zum Alten Rathaus ein „Hinterland“ und ist damit erweiterbar. Es liegt in einem Quartier, an dem sich mit dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte und dem Filmmuseum schon museale Standorte befinden. Zusammen mit der erwünschten und finanzierbaren Skulpturenhalle am Ort des ehemaligen Langen Stalls, ergänzt um kleinere Läden, Cafés und Restaurants würde hier ein verkehrsfreies Forum mit mehreren Höfen und Plätzen entstehen, welches so niemals am Alten Markt machbar wäre. Zur Erinnerung: Am Alten Markt wird der Landtag entstehen, der nicht das von vielen gewünschte Knobelsdorff-Schloss sein soll. Irgendein hochgeschlossener Sicherheitstrakt wird hier gebaut, mit einem Hof für den Freigang und kleinem Bürgercafé als kameraüberwachten Ort der „Begegnung“ - natürlich nur, wenn der Abgeordnete Besuchszeit hat. Dazu kommt die Nikolaikirche, eine ewige Baustelle, und anstelle des Palazzo Barbarini irgendein Hotel. Alles Orte, wo klassisch „das Leben tobt“. Und dazu das Museum mit Öffnungszeiten von 10 bis 18 Uhr. Der Alte Markt wird brummen wie der New Yorker Time Square. Nach allem, was ich jüngst zur Kenntnis genommen habe, tritt Herr Bruckner als ehrlicher Makler auf. Er legte der Stadt wiederholt ein durchaus großzügiges und stets verhandelbares Angebot vor, um dem Potsdam-Museum endlich ein angemessenes Dach zu geben und es nicht in diesem kleinen Antiquitätenladen in der Benkertstraße nach langem Siechtum friedlich entschlafen zu lassen. Jetzt wird hier eine künstliche Diskussion um den künftigen Standort vom Zaun gebrochen und um Zahlen gefeilscht wie auf einem Basar. Wenn die Stadt je noch ernst genommen werden will, mit der Aussage, dass sie Politik für die Bürger mache, dann hört sie jetzt endlich auf, sich hinter dubiosen Zahlen zu verstecken.
Thomas Sander, Potsdam
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