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Lesermeinung: „Bürgerkommune“: Realisierbare Vision oder Hirngespinst?

Auch in Potsdam kriselt es. Hauptsächlich im demokratischen Zusammenleben: Viele Potsdamer Bürger verweigerten bei den letzten Wahlen den Parteien ihre Stimme.

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Auch in Potsdam kriselt es. Hauptsächlich im demokratischen Zusammenleben: Viele Potsdamer Bürger verweigerten bei den letzten Wahlen den Parteien ihre Stimme. Die Potsdamer Stadtverordneten ergriffen die Initiative: Zu Beginn des Frühling wurde ein in Richtung „Bürgerkommune“ gehender Antrag der PDS von der SVV-Mehrheit noch abgelehnt, ein ähnlicher SPD-Antrag dann aber mehrheitlich angenommen. Die Stadtverwaltung wurde beauftragt, bis Ende 2004 eine „Konzeption für eine Bürgerkommune Potsdam“ vorzulegen. Die Stadtverwaltung hat mit diesem SVV-Beschluss eine Aufgabe auf dem Tisch, um die sie nicht zu beneiden ist. Geht es doch darum, die gewollte „Bürgerkommune“ so zu beschreiben, dass der „Bürger“ dabei sein demokratisches Recht auf Mitbestimmung tatsächlich wahrnehmen kann. Ähnliche Bemühungen gibt es bereits, beispielsweise in Berlin-Lichtenberg. Hatte es die dortige Stadtverwaltung bisher schwer, die immer weniger werdenden Mittel gerecht zu verteilen, sollen nun beim „Bürgerhaushalt 2006“ die Lichtenberger über ihre Vereine mitberaten, wie der kommunale Haushalt aussieht. Es wäre eine kluge Entscheidung, wenn man bei der Konzipierung der Potsdamer „Bürgerkommune“ die Bürger mitreden ließe. So würde das „Prinzip der partizipativen Demokratie“ umgesetzt. In einigen Potsdamer Bürgervereinen werden bereits erste Überlegungen über Formen und Methoden der Begleitung zur städtischen Initiative der Bürgerkommune angestellt. Ein „Runder Tisch“ aller Vereine, in denen Potsdamer sich als Mitglieder einbringen und mit hoher Kompetenz ihre Interessen verwirklichen, könnte vor Beschlussfassung einer Satzung auf die Wahrnehmung der Bürger- Interessen Einfluss nehmen und neue Rechtsakte in den Institutionen einfordern. Ein „Sprachrohr“ der Bürgervereine würde von den gewählten Institutionen sicher wahrgenommen und berücksichtigt werden. Ein erster, dringender Schritt wäre, die Einbeziehung der Bürgervereine in die Aufstellung des Haushaltes 2005 noch bis zum November. Mit der Beteiligung an der Weiterentwicklung Potsdams, zur „Stadt mit Visionen“, wie es in der Bewerbung um die „Kulturhauptstadt Europa 2010“ so schön heißt, würde sich die Lebensqualität aller Potsdamer Bürger zweifelsohne verbessern. Eine demokratische Bürgerbeteiligung würde auch das „Leitbild“ der Stadt so gestalten, dass sich die Bürger damit identifizieren. Die Frage, ob die „Bürgerkommune“ eine realisierbare Vision oder nur Hirngespinst ist, müssen nicht nur die Stadtverwaltung und die gewählten Abgeordneten beantworten, sondern in erster Linie die Bürger Potsdams selbst. Horst Grützke, Potsdam, Netzwerk EUROPA JETZT!

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