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Lesermeinung: Debatte um Garnisonkirche: Peinliches Palaver für Potsdam

„Dabei handelten wir in historischer Verantwortung der Gegenwart für die Zukunft dieser Stadt“ Als „La Fenice“ Opernhaus in Venedig, Anmerkung der Redaktion] 1996 abbrannte, waren sich alle einig und einer verkündete es am nächsten Tag: „Sie wird, wie sie war, wieder aufgebaut“. Damit wurde dem jahrelangen Debattieren – um das Wie, Wann, Wieso und ob überhaupt und wenn schon, dann zeitgenössisch, also modernistisch – kein Nährboden gegeben.

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„Dabei handelten wir in historischer Verantwortung der Gegenwart für die Zukunft dieser Stadt“ Als „La Fenice“ Opernhaus in Venedig, Anmerkung der Redaktion] 1996 abbrannte, waren sich alle einig und einer verkündete es am nächsten Tag: „Sie wird, wie sie war, wieder aufgebaut“. Damit wurde dem jahrelangen Debattieren – um das Wie, Wann, Wieso und ob überhaupt und wenn schon, dann zeitgenössisch, also modernistisch – kein Nährboden gegeben. Die Venezianer und die Kulturwelt hatten sich verstanden, das berühmte Opernhaus sollte, wie es war, wieder aufgebaut werden und so entstand es wie Phönix aus der Asche. Aber welche Peinlichkeiten erleben wir in Potsdam, wenn es um die Garnisonkirche oder das Stadtschloss geht – hier wird immer wieder von neuem palavert und das mitunter bis hinein in die kontraproduktiven Niederungen. Der eine beschwört die Makeldiskussion und verbaut sich und damit dem Gesamtdenkmal eine neue Zukunft, ein anderer will ein Nagelkreuz, obwohl er damit kulturelle Details verfälscht, ein nächster stellt den Spendensammler in die rechte Ecke und ein letzter versteigt sich darin, dass die Garnisonkirche eine Kirche der Täter sei. Aber keiner will über diesen für Potsdam peinlichen Streit begreifen, wie sehr das, worüber in letzter Zeit und eigentlich immer wieder hemmungslos und selbstdarstellerisch palavert wird, Teil unseres Kulturerbes ist, das Anspruch auf eine unverfälschte Darstellung hat. Niemand erwartet, dass sich jeder vor unserer Geschichte verneigt, obwohl viele von uns diese auch zum großen Teil leidvoll erfahren haben, aber für unser schönes Potsdam sollte man fähig sein Größe zu zeigen, Größe für die kulturellen Leistungen, die einer Kulturhauptstadt – auch ohne Status – würdig sind. Und was besonders dramatisch ist: Jene, die immer wieder unproduktiv in der Suppe rühren, sind sogar unfähig, demokratisch gebildete und geäußerte Bekundungen als zu achtende Dokumente der Stadtverordnetenversammlung von 1991 begreifen zu können. Oh, ihr Venezianer, ihr habt „La Fenice“ in acht Jahren wieder aufgebaut- wir dagegen palaverten schon vor euch und jetzt noch immer. Auch ihr Dresdner habt eure Frauenkirche mit Vernunft und Fleiß wieder aufgebaut. Kann denn niemand in Potsdam über seinen Schatten springen und für diese im Krieg so verwundete Stadt ein aus der Vernunft geborenes Zeichen des Aufeinanderzugehens setzen, damit unser aller Kulturerbe – das Teil des europäischen Kulturgutes ist – seine weitere Genesung erfährt? Als ich den Wiederaufbau der Garnisonkirche, des Stadtschlosses – also des historisch sensiblen Altstadtbereiches – thematisierte und fraktionsübergreifend die Willensbekundung zum Wiederaufbau verfasst wurde, wurde nichts von Änderungen am Baukörper, auch nicht an der Turmspitze zum Bestandteil der Bekundung, weil klar war, dass ein Kulturerbe auch nicht in Teilen verändert werden darf. Dabei handelten wir in historischer Verantwortung der Gegenwart für die Zukunft dieser Stadt. Horst Prietz, erster Vorsitzender des Kulturausschusses, nach der Wende

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