Lesermeinung: Demonstration und Gegendemonstration
Zur Gegendemonstration in Potsdam. 5.
Stand:
Zur Gegendemonstration in Potsdam. 5.11
Ich bin erstaunt, wie die politischen Parteien mit den selbst geschaffenen Gesetzen umgehen! Da wird von demokratisch gewählten Parteien zu Gegendemonstrationen aufgerufen, um eine auch demokratische Partei an einer Demonstration zu hindern! Der Innenminister spricht von „Erfolg“, weil eine zugelassene Demo verhindert wurde, obwohl diese von seiner Dienststelle genehmigt war. Dieser Innenminister sprach auf dieser Demo von Toleranz. Scheinbar weiß er aber nicht, was das Wort aussagt! Im Duden steht unter Toleranz: Duldsamkeit, Nachsicht. Sein Handeln war aber das Gegenteil. Die Parteien sollten Argumente austauschen und sich um die Belange der Bevölkerung kümmern, statt sich gegenseitig zu bekämpfen! Wer nicht dazu in der Lage ist, sollte aus der Politik verschwinden!
Anita Kuhbier, Potsdam
Zur Gegendemonstration in Halbe, 12.11.
Von Teltow, am Ruhlsdorfer Platz, fuhren wir mit dem Bus nach Halbe, nur wenige Plätze waren leer. Im Zentrum des Ortes liefen wir die „Straße-der-Demokraten“ ab. Überall war Polizei. Es gab Durchsagen: „Liebe Freunde, um halb zwei brauchen wir alle an der Kreuzung!“ Gemeint war die Kreuzung „Linden- und Baruther Straße“. Dort bildete sich ein fester „Block“. Wir trafen viele Bekannte. Wir standen lange auf der Kreuzung. Musik wurde übertragen. Wir redeten, Zeit hatten wir genug. Plötzlich hörten wir über das Megaphon eine junge weibliche Stimme: „Unsere Veranstaltung ist nun beendet, daher lege ich jetzt die Verantwortung auf eure Schultern“. In Ordnung, dafür hatten wir noch Platz. Die Polizei zog die Umzingelung bemerkbar fester. In der Menge wurde es eng. Wir dachten, dass ein fester Kern schwer wegzuschieben sei – für den Fall, dass die Polizei hätte räumen wollen oder müssen. Dann die Meldung: „Wenn ihr auf´s Klo müsst, kommt ihr raus, aber nicht mehr rein". Also tranken wir nichts mehr. Nach einer Stunde öffnete die Polizei den Kessel. Sofort waren die „Dixis“ überfüllt. Zwischendurch hörten wir Sprechchöre: „Haut ab, haut ab, haut ab!“. Und: „Wir bleiben hier, wir bleiben hier!“. Wir konnten nichts sehen. Wir wurden gefilmt. Ein Anti-Konflikt-Team redete mit den Gegendemonstranten und erklärte, dass wir keine Demokraten seien, da wir in „ungesetzlicher Weise“ dort stehen. Sie hatten Recht, obwohl wir es anders empfanden.
Irgendwann sahen wir aus einer Seitenstraße eine ganze Einheit Polizisten anrücken. Räumten sie doch die Kreuzung? Schnell zurück, dachten wir, bevor sie uns aussperren. Sie taten es nicht, liefen seitlich an uns vorbei. Der Buschfunk: „Die Nazis versuchten durchzubrechen“. Langsam wurde es dunkel und kühler. Durchhalteparolen wurden per Megaphon gegeben, auch vom Amtsdirektor, ich hätte mir Unterstützung von den Einwohnern gewünscht. Aus einigen Häusern sahen sie aus den Fenstern. Wollten sie, dass wir da sind? Keine Ahnung. Einige saßen auf der Erde, Stullen wurden ausgetauscht, mit den Kindern gespielt. Für eine alte Frau wurde ein Stuhl besorgt. Gegen 18 Uhr erreichte uns die erlösende Nachricht: „Sie ziehen ab“. Beifall, Gejohle. Irgendwie dachte ich mir, dass ich nichts Besonderes gemacht hätte. Wir standen doch nur rum. Ich war müde und kaputt und konnte nicht mehr laufen. Aber sie waren weg.
Ilona Herrmann, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE.PDS im Kreistag Potsdam-Mittelmark
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